Öffentlicher Nahverkehr: Bürger sind entsetzt über den neuen Fahrplanentwurf des Kreises

Die Neuschönningstedter sind entsetzt. Für Roderich und Bernhild Ziehm lässt schon das bisherige Busangebot zu wünschen übrig. "Wir wollten nach dem Besuch der Cruise Days von Hamburg zurück nach Neuschönningstedt fahren", erzählt Roderich Ziehm. "Es war kurz nach ein Uhr nachts - kein Bus weit und breit. Eine Stunde lang wollten wir nicht warten, wir mussten ein Taxi nehmen", berichtet der Neuschönningstedter. Völlig indiskutabel findet daher das Ehepaar, dass die Busverbindungen zu ihrem Wohnort nun weiter eingeschränkt werden sollen. Wie berichtet, muss der Kreis als neuer Betreiber der Buslinien sparen.

Kurzerhand unterschrieben beide die Liste von Ute Bistreck. Die Glinderin sammelte jetzt fleißig Unterschriften für den Erhalt der bisherigen Buslinien. Publikum dafür fand sie genug: Zur Diskussion von Forum 21 mit der Überschrift "ÖPNV - Wie ändert sich der Fahrplan nach Einstellung der Metrobuslinie 11 ab 2015?" kamen etwa 100 Bürger. Denn die Neuschönningstedter müssen mit dem Metrobus auf den Zehn-Minuten-Takt ganz verzichten.

Sie machten Björn Schönefeld aus dem Fachdienst "Planung und Verkehr" des Kreises klar, dass sie mit dem Entwurf für den neuen Fahrplan ab 2015 überhaupt nicht einverstanden sind. Sorge bereitet den Neuschönningstedtern, dass auch der 333 eingestellt wird, und damit die Möglichkeit für diejenigen, die auf dem Weg zur Arbeit zu spät dran sind, auf den nächsten Bus auszuweichen. Wer jetzt den 133er verpasst, kann nicht mehr den nächsten Bus schnappen. Denn die Buslinie 233, die stündlich fährt, läuft über Havighorst und bis zur U-Bahn Mümmelmannsberg statt Steinfurther Allee.

Unterm Strich bedeutet das für Berufstätige: noch früher los und dafür später nach Haus kommen. "Das geht gar nicht", meinte eine Auszubildende, die nicht weiß, ob sie über Mümmelmannsberg pünktlich zur Arbeit kommen kann. Käme sie öfter zu spät, könne sie ihre Ausbildung vergessen. Eine andere fand es "heftig", dass durch die neue Taktung das Busangebot für Berufstätige praktisch halbiert werde. Eine dritte konstatierte schlicht: "Ich fahre jetzt schon eine Stunde zur Arbeit und eine Stunde zurück - das muss reichen."

Einige Einwohner betonten, dass sie wegen der bisherigen Verbindung überhaupt erst nach Neuschönningstedt gezogen seien. "Bricht die weg, ziehe ich zurück nach Hamburg", sagte ein Mann.

Planer Schönefeld räumte ein, dass das neue Angebot sicher nicht so gut sein werde wie das alte und tatsächlich Bürger davon abhalten könnte, nach Neuschönningstedt zu ziehen. "Was Sie wollen, ist ein angebotsorientierter Öffentlichen Nahverkehr", hielt er fest. "Ich muss Ihnen aber sagen, dass der Kreis keinen nachfrageorientierten ÖPNV will." Das sei letztlich eine politische Entscheidung. "Bisher ist der Kreis nicht bereit, einen Nahverkehr zu finanzieren, der sich nicht rechnet."

Bisher habe der Kreis davon profitiert, dass die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) die Buslinien betrieben haben. Das sei ihre freiwillige Leistung gewesen, die die Verkehrsbetriebe nun aus wirtschaftlichen Gründen aber nicht mehr erbringen wollten. "Wir müssen nun den Bedarf sichern und haben dabei auch einen Kämmerer, der auf die Finanzen achtet", gab Schönefeld zu bedenken.

"Das ist doch unser Steuergeld", warf ein Mann ein. Schönefeld gab zurück, dass das letzte Wort - vor allem politisch - noch nicht gesprochen sei. Er riet dazu, am 28. August den Bauausschuss in Glinde zu besuchen (19 Uhr, Markt 2) sowie am 1. September den Kreisverkehrsausschuss (Sitzungsraum F 22, Mommsenstraße 14 Bad Oldesloe) und am 4. September den Reinbeker Verkehrsausschuss (19.30 Uhr, Hamburger Straße 5-7), um auf die Politiker einzuwirken.