Gemeinschaftsschule setzt im Unterricht auf Praxisnähe

Lernen als Frontalunterricht: Das ist Vergangenheit. Heute ist Schule mehr als Rechnen, Schreiben und Lesen. Für die Gemeinschaftsschule Reinbek gehört das Lernen an anderen Orten zu den Schwerpunkten. Denn Lehrer vermitteln nicht mehr nur Unterrichtsstoff, sondern bereiten an den weiterführenden Schulen Kinder auch auf das Berufsleben vor.

"Mit den außerschulischen Lernorten möchten wir die Vorstellungskraft für die verschiedensten Themen fördern", erläutert Andrea Thalau, eine der begleitenden Lehrerinnen. Alle Klassen der Schule tauschen deshalb mehrfach im Schuljahr das Klassenzimmer mit Orten außerhalb der Schule. So wie die 7 b, die mit ihrer Klassenlehrerin Agnes-Marie Vittinghoff das Thema Berufsorientierung neu angepackt hat. Über das gesamte Schuljahr haben die 27 Jungen und Mädchen sich intensiv damit beschäftigt. "Die Vorbereitung auf das Berufsleben steht dabei im Vordergrund", sagt die Lehrerin. Gemeinsam besuchten sie Unternehmen wie den Otto-Versand, die Stadtreinigung in Hamburg oder auch die Wasserschutzpolizei im Hafen. Für Lennart (13) war das aufschlussreich: "Ich habe mir vorgenommen, in der Schule besser aufzupassen, denn ich möchte später nicht so gern Pakete packen." Das hat er sich beim Otto-Versand gemerkt. Bei der Stadtreinigung waren die Kinder über die Vielfältigkeit der Berufe erstaunt. "Die reparieren die Müllwagen sogar selber", erzählt Falk (13). Für die Mädchen gab es als besondere Erfahrung die Besichtigung einer Frauenarztpraxis. "Das nimmt den Mädchen zudem Unsicherheiten für ihren ersten Besuch dort", ergänzt Agnes-Marie Vittinghoff.

Auf dem Stundenplan der Klasse 9 a stand das Thema "Demokratie und NS-Diktatur". Die Schüler fuhren in die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, um den zu lernenden Stoff begreifbar zu machen. "Allein die Größe eines Konzentrationslagers hat die Kinder beeindruckt", berichtet Lehrerin Andrea Thalau. Der 16-jährige Luca spürte die Zeitgeschichte förmlich. "Es ist unvorstellbar, was dort vor Jahren geschehen ist", stellt er fest. Und Liam (15) sagt: "Es macht woanders mehr Spaß zu lernen". Die Kinder sind sich einig, Lernen an anderen Orten macht das Lernen greifbarer und den Stoff anschaulicher. Wermutstropfen für die Schüler: Das fünfstündige Programm war ihnen zu lang - auch lehrreich.

Die 6 b der Gemeinschaftsschule hat auf eigene Faust eine HVV-Rallye absolviert, um das Labyrinth der öffentlichen Verkehrsmittel zu durchschauen. Ihr Klassenlehrer Dennis Reimann hat mit den Kindern das Projekt vorbereitet. Trotzdem ging auch mal etwas schief. "Wir haben die Bahnen verwechselt", erzählt Benni (12). Doch die Schüler, die zu dritt oder zu viert unterwegs waren, hatten Handys dabei und konnten sich immer mit den Lehrern austauschen. Celina ist sicher: "Wir haben richtig viel dabei gelernt und sind jetzt fit, auch mal allein loszufahren." Thalau ergänzt: "Mit den außerschulischen Lernorten vermitteln wir auch Orientierung für den Alltag."