Asylbewerber: Amtsleiter mahnt neue Standorte für Unterkünfte an, Bürger fördern Integration
Leben auf zwölf Quadratmetern, das ist eng und es wird noch enger, wenn es wenige Möglichkeiten gibt, der Enge zu entfliehen. Acht Männer aus dem Iran, Irak, Afghanistan und Jemen verbringen so den Tag in Containern auf einem Parkplatz im Gewerbegebiet. Erst im September sollen sie aus dem Provisorium in neue Räume am Mühlenredder und an der Schulstraße umziehen.
"Wir haben wenigstens einen Sichtschutz aufgestellt, damit sie etwas Privatsphäre haben", sagt Torsten Christ, Leiter des Bürgeramtes. "Die Integration ist schwierig, weil Asylbewerbern keine Sprachkurse zustehen", sagt Christ. Das hat eine Politikerin der Grünen dazu gebracht, im Sozialausschuss 360 Euro für Deutschunterricht einzuwerben. Seit gestern erhalten die Asylbewerber aus dem kleinen Containerdorf bis zur Sommerpause von einer pensionierten Lehrerin zweimal die Woche Unterricht in der Volkshochschule.
Die Initiative entstand nach einem Besuch von Mitgliedern des Reinbeker Ortsverbandes in der Unterkunft. "Wir wollten uns die Unterkünfte anschauen und erfahren, wie es sich dort lebt", sagt Christel Osbahr, die als bürgerliches Mitglied für die Grünen im Sozialausschuss sitzt. "Begleitet von dem Sprachvermittler Mahmood Nabavi, trafen wir auf acht Männer und wurden sehr freundlich und offen aufgenommen", schildert Osbahr. Die größten Probleme, so erfuhren sie, seien das Nichtstun und die Langeweile. "Der Deutschunterricht ist jetzt zwar nur ein winziges Paket, das nichts an der Gesamtproblematik ändert, aber besser als gar nichts", freut sich Christ über die Hilfe.
Künftig werden sich die Herausforderungen für die Stadt noch verschärfen, denn die Asylanträge sind gegenüber dem Vorjahr um gut 64 Prozent gestiegen, zitiert Christ aktuelle Zahlen. Nach der Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) muss für Schleswig-Holstein in diesem Jahr mit einem Zugang von 5800 Asylerstanträgen gerechnet werden. Im vergangenen Jahr wurden hier 3904 Personen aufgenommen.
Nur mit Glück reichen die Unterkünfte noch für dieses Jahr
Für Reinbek bedeute das, dass statt zwei bis drei Asylsuchende monatlich vier bis fünf in der Schlossstadt neu untergebracht werden müssen. "Mit viel Glück reichen die Unterkünfte noch für dieses Jahr, aber für 2015 müssen wir dringend neue Standorte definieren", mahnte Christ im jüngsten Sozialausschuss. Denn wenn jedes Jahr rund 60 Asylsuchende dazu kommen, wird es schwierig.
Schon in den 90er-Jahren habe es eine hohe Fluktuation gegeben, erinnert Christ. Die Asylbewerber, die jetzt kommen, hätten jedoch größere Chancen zu bleiben. Etwa 80 Prozent gehören zu dem Personenkreis, die anerkannt werden, schätzt Christ. Und es werden mehr: vor allem durch den erheblichen Anstieg der Asylbewerber, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen. Die Weiterwanderung habe sich bereits im Mai in Deutschland bemerkbar gemacht. Aus diesem Grund musste die BAMF die Prognose erhöhen. "Es ist absolut ungewöhnlich, dass der Bund die Zahlen innerhalb eines Jahres überarbeitet", so Christ.