Lokalgeschichte: Gastwirtspaar Hartmut und Barbara Jacobs ist im Ruhestand

Zwischen den holzvertäfelten Wänden haben sich 112 Jahre Ortsgeschichte abgespielt. Vereine versammelten sich in der Karlsburg, Gemeindevertreter tagten hier in den 60er-Jahren und die Wentorfer Liedertafel stimmte im Saal etliche Proben an. Auf den Dielenböden trafen sich Ärzte, Juristen, Moderatoren, Handwerker oder Kaufleute zum Plausch nach Feierabend. "Die Kommunikation mit den Gästen wird uns fehlen", gesteht Hartmut Jacobs (68). Er und seine Frau Barbara (66) haben dennoch einen konsequenten Strich unter die Lokalgeschichte vieler Wentorfer, Reinbeker, Bergedorfer, Wohltorfer und Aumühler gesetzt. Auf der Tafel, die sonst die leckeren Bratkartoffeln angepriesen hat, steht jetzt: "Wir sind im Ruhestand."

Die Entscheidung hat das Gastwirtspaar im vergangenen Jahr getroffen: "Wir sind schon lange im Rentenalter und gesundheitlich angeschlagen. Wenn wir es jetzt nicht tun, schaffen wir den Absprung nicht", sagt Jacobs. Die beiden wollten keine große Abschiedsfeier: "Deshalb haben wir es unseren Stammkunden kurzfristig mitgeteilt."

Damit geht in der dritten Generation eine Ära zu Ende. 1902 hatte Karl Schmitt die Karlsburg eröffnet und vier Jahre später an dessen Neffen und Jacobs Großvater Johann Jacobs übergeben. Jetzt wird die 1898 erbaute Karlsburg zu Wohnräumen umgebaut. "Künftig haben wir dann auch öfter einen Oma-Opa-Tag", freut sich Barbara Jacobs auf mehr Zeit mit der Enkeltochter. 35 Jahre haben sie hinter dem Tresen gestanden. Die Kinder (38 und 35) möchten die Familientradition nicht fortsetzen. "Und Fremde wollten wir hier nicht haben", sagt Jacobs.

In der Gaststube mit Flair sieht noch alles so aus wie um die Jahrhundertwende um 1900: "Schon mein Opa hatte die Einrichtung aus zweiter Hand gekauft", erzählt Jacobs. Unter einer Bank mit dem unverwüstlichen Lederbezug klebt sogar noch ein Versandzettel der Deutschen Reichsbahn aus dieser Zeit. 50 Thonet Stühle von 1910 und 1920 haben zahlreiche Kneipengäste unbeschadet überlebt. Historische Fußbälle, Tennis- und Golfschläger zeugen von der Sportbegeisterung des ehemaligen Fußballers des "Wentorf Reinbeker Sportclubs". Alte Wäschestampfer und ein Wasserträger zieren die Wände. Ein historisches Bild eines Kaffeebarons, der in den 20er-Jahren in der Nachbarschaft wohnte, wird in Kürze wieder in der Villa "Miraflores" hängen, aus der es Jacobs Großvater erworben hatte: "Es zeigt die Einfahrt in den Panamakanal", an dem der damalige Besitzer Eduard Fellmer Plantagen hatte. Seit 1926 zierte das historische Ölgemälde den neu angebauten Saal hinter der Gaststube.

Doch nicht nur das Gemälde wird aus den geschichtsträchtigen Räumen ausziehen: "Wir werden viele der alten Stücke abgeben oder verkaufen." Darunter sind auch zahlreiche Pokale. "Für die hat bisher niemand Interesse gezeigt", so Jacobs. Auch nicht die vier bewaffneten Räuber, die im Dezember 1983 die Gaststube am Reinbeker Weg stürmten und die Jacobs und deren Gäste in die Damentoilette sperrten. Doch die meiste Zeit ging es in der Familienkneipe am Reinbeker Weg friedlich zu. "An diese Zeit werden wir uns gern erinnern", so Jacobs.