Schüler: Die drei Bürgermeisterkandidaten müssen malen, raten und beweisen, dass sie “up to date“ sind

Selbst seriöse Bürgermeisterkandidaten haben Helden aus Kindertagen. Björn Warmer (SPD) schwärmte für Colt Seavers, den Stuntman aus "Ein Colt für alle Fälle". CDU-Kandidat Jürgen Vogt-Zembol nahm sich Karl Mays "Old Shatterhand" zum Vorbild und Lars Bardua (parteilos) begeisterte sich als kleiner Junge für den Freiheitskämpfer Mahatma Ghandi. Dies und noch sehr viel mehr erfuhren Reinbeker Schüler gestern im Sachsenwald-Forum von den drei Männern, die um die Stimme der Erstwähler warben. Und die erlebten die Bewerber um das Bürgermeisteramt ganz anders als die überwiegend Erwachsenen Reinbeker am vergangenen Mittwoch. Das Motto, das der Stadtjugendring Reinbek inoffiziell ausgerufen und sehr originell umgesetzt hatte: Wahlkampf kann auch Spaß machen.

Dafür mussten sich die Kandidaten jedoch beherzt aus ihrer persönlichen Komfortzone bewegen, sich locker machen, von den sonst üblichen Wahlkampfthemen lösen und beweisen, dass sie die Sprache der Jugend sprechen. Ein Experiment, auf das sich alle drei fröhlich einließen.

Wer sind denn eigentlich Joko und Klaas?

Schon die erste Runde, in der die drei Männer Prominente auf Bildern schnellstmöglich erkennen mussten, sorgte für Gelächter auf beiden Seiten. Heidi Klum war allen bekannt, bei den bei Jugendlichen beliebten Pro-7-Moderatoren "Joko und Klaas" zuckten alle drei nur mit den Schultern. Die Sängerin Miley Cyrus wurde gar für Sharon Stone gehalten. Bekannter waren Stefan Raab und Spongebob.

In der nächsten Runde mussten Björn Warmer, Jürgen Vogt-Zembol und Lars Bardua beweisen, wie nah sie noch an Themen sind, die die jungen Leute bewegen. Es ging um die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram, die Frage, was "Whats app" (Nachrichtendienst) oder der Harlem Shake (Tanz) ist. "Ja, war gar nicht so schlecht", formulierte Moderator Max Rünzel (22) am Ende versöhnlich - denn trotz einiger fehlender Antworten: angestrengt hatten sich ja alle Drei.

Trotz der munteren Spiele verpasste es der Stadtjugendring nicht, auch zahlreiche politische Themen anzusprechen. Hier interessierten die Jugendlichen im Wesentlichen diese Fragen: Welche Schule bekommt die Oberstufe? Reinbek oder Wentorf? Was unternimmt der künftige Bürgermeister, um Reinbek für junge Leute interessanter zu machen? Wird es bald günstigen Wohnraum für Studenten und Auszubildende geben und warum wird der VHS-Parkplatz nicht morgens für die Sachsenwaldschüler freigegeben?

Björn Warmer punktete beispielsweise mit der Idee, Anruf-Sammeltaxis einzusetzen, um Partyschwärmer wieder sicher nach Hause zu bringen. Ebenso kann er sich vorstellen, mit Jugendlichen in einer Zukunftswerkstatt über wichtige Themen ins Gespräch zu kommen. Jürgen Vogt-Zembol möchte sich ebenso wie seine Mitstreiter für günstigen Wohnraum einsetzen und schlug vor, die Genossenschaften mit ins Boot zu holen. Lars Bardua, der zugab, die sechste und zehnte Klasse wiederholt zu haben, ist von der Idee des günstigen und generationenübergreifenden Wohnens begeistert. Jungen Kiezgängern empfiehlt er: "Feiert einfach, bis die erste S-Bahn wieder fährt." Dass sich junge Leute nicht für Politik interessieren, wie Björn Warmer vermutet hatte, sorgte im Publikum für kurzes Murren. Übel nahmen die Schüler es dem 39-Jährigen jedoch nicht. Bei allen Abstimmungsrunden während der Veranstaltung hatte der Wentorfer die Nase vorn.

Wen er wählt, verrät Henrik Martens (16) nicht. Der Sachsenwaldschüler hätte sich aber gewünscht, dass die Kandidaten auch zu weltpolitischen Themen Stellung nehmen. "Mir waren viele Statements einfach zu nichtssagend", kritisierte Niklas Klietsch (16). Wen sie wählen wird, weiß Tabea Garming (17) nach der Veranstaltung noch nicht. "Ich muss das Ganze erst mal sacken lassen." Der 16-jährigen Susann Pietsch hat es gefallen, die "Person hinter dem Kandidaten kennenzulernen." Die Spiele seien geeignet, die Männer aus der Reserve zu locken. Fest steht: Zur Wahl gehen sie alle. Eine Aussage, die die drei Bewerber und Jugendbeauftragter Ulrich Gerwe glücklich machen dürfte.