Vortrag: Ulrich Wickert beim VSW

Die knapp 200 Gäste und Mitglieder des Verbandes der Südholsteinischen Wirtschaft (VSW) mussten am Donnerstag auf ihren prominenten Gastredner warten. "Mr. Tagesthemen" Ulrich Wickert kam zu seinem Vortrag im Schloss eine halbe Stunde zu spät - das kann im Feierabendverkehr passieren. Der VSW-Vorsitzende Michael Voigt stimmte derweil die Gäste auf aktuelle Themen ein: "Schleswig-Holstein ist von Veränderungen vielfältig betroffen", leitete er den Abend ein. "Skurril, aber nicht lustig" finde er die vielen Baustellen an zahlreichen neuralgischen Verkehrsknotenpunkten gleichzeitig und die sich ständig ändernde Schulpolitik bei Regierungswechseln."

Den Ball spielte Wickert allerdings nicht weiter, er wollte vielmehr das "Menschliche" in der Politik aufzeigen. So folgte ein unterhaltsamer Ritt durch persönliche Erlebnisse mit den "Großen": Da wollte der ehemalige französische Präsident François Mitterand etwa verhindern, dass sich US-Präsidenten generell die besten Plätze auf Protokollen der Weltwirtschaftsgipfel sicherten, Ministerpräsident Uwe Barschel war kaum beizubringen, dass seine Teilnahme an der Steuben-Parade in New York keinen Beitrag in den Tagesthemen wert war, Altkanzler Helmut Schmidt blaffte Wickert vor einem Interview harsch an, bis Wickert "Schmidt Schnauze" mit einem Witz erheitern konnte: "Schnupfen Sie den Tabak nur oder spritzen Sie ihn sich auch?" Wickert nach der Lacherpause: "Seitdem kommen Schmidt und ich ganz gut miteinander aus."

Überraschend sei die Schlagfertigkeit der ehemaligen Kanzlergattin Hannelore Kohl gewesen: "Ich musste die Zeit mit Smalltalk überbrücken und fragte nach der Größe ihres Mannes", so der heute 71-Jährige. "Ich teilte ihr mit, dass ich 1,97 Meter groß sei." Daraufhin Hannelore Kohl: "Mein Mann misst 1, 92 Meter. Aber er ist größer als Sie!" Bestimmt hätte auch nicht jeder im Publikum dem "42. US-Präsidenten" (Bill Clinton) zugetraut, viel über deutsche Kultur zu wissen. Wickert konnte Gegenteiliges berichten: "Er ist ein hoch gebildeter Mann. Er kannte die Loreley-Saga genau und sagte mir, dass seine Mutter ihm Wagner-Opern schon in der Kindheit vorgespielt habe."

Zuletzt erfuhren die Zuschauer noch erzählerisch nett Verpacktes: Zum Beispiel "das Phänomen Alkohol und Politik". Dass Ex-Kanzler Schröder gern mit Journalisten pichelt, ist seit seiner Ministerpräsidentenzeit in Niedersachsen bekannt. Und dass Helmut Schmidt sein Lieblingsgetränk Cola gelegentlich mit Bourbon verfeinerte, hat der Altkanzler vor Kameras längst zugegeben.