Abschiedsfeier: Die Gastwirte Sieglinde und Hans Bohlens sagen ihren Gästen “Tschüs“

Lachen, Schulterklopfen, Umarmungen: Eine Trauerfeier sieht anders aus. Ein wenig schwermütig war den Gästen von Sieglinde und Hans Bohlens aber doch ums Herz. Auf die Frage, was die Gäste angesichts der Schließung und des Abrisses des Oher Gasthofes "Zur Linde" empfinden, wird es still. "Das ist schlimm, eigentlich unvorstellbar, aber was soll man machen. Es ist wie es ist", sagt ein Gast, bevor er die aufkommende traurige Stimmung mit einem Kurzen herunterspült.

Nach 100 Jahren Kneipenbetrieb, davon 34 unter Bewirtschaftung von Hans Bohlens, schließt die Dorfkneipe, die bei den Ohern kurz "Bohlens Gasthof" genannt wird. "Sie heißt so, weil alle Wirte seit 1914 Hans Bohlens hießen", sagt Hans Bohlens und lacht. Am Freitag hatte er die Stammgäste zu einem letzten Umtrunk eingeladen - und sie kamen. Sogar aus Dänemark. "Dass unser Fußball-Jugendtrainer Hermann Krüger sich den weiten Weg gemacht hat, freut mich riesig", sagt der 61-Jährige und schwelgt in Erinnerungen. Da war beispielsweise vor Jahrzehnten die Sache mit der goldenen Hochzeit. "Alles war schon bezahlt, und das war nicht wenig", erinnert sich Bohlens. "Am Tag des Festes kam der Gast zu mir und sagte, das Geld könne ich behalten, er mache sich jetzt vom Acker." Dann sei der Mann ab in die Karibik und ward nie mehr gesehen.

Umsatzprobleme wie in den letzten Jahren von "Bohlens Gasthof" habe es damals nicht gegeben. "Die älteren Bauern drückten mir immer mal Tausend Mark in die Hand. Wenn die versoffen sind, solle ich Bescheid sagen." Und genau das tat er dann auch. Alle Vereine haben sich bei ihm getroffen. "Das Bier nach Feierabend, die Einkehr bei uns waren normal. Das gibt es nicht mehr. Die Kneipenkultur ist gestorben", sagt er und macht eine wegwischende Handbewegung.

"Der große Einbruch kam mit dem Rauchverbot in Kneipen", ergänzt seine Frau Sieglinde. Plötzlich musste das Ehepaar, das den Gasthof 1983 übernahm, Einbußen von bis zu 50 Prozent verkraften. "Wäre die Kneipe nicht unser Eigentum, und wir hätten Pacht bezahlen müssen, wäre es schon viel früher zu Ende gewesen", ist sie sicher. Mit "Bohlens Gasthof" verschwinden auch die berühmte "gefüllte Rippe" und das "Rundstück warm" - ein leckerer Braten im Brötchen mit ganz viel Soße. "Ich weiß nicht mehr, wie oft ich das für die jungen Leute gekocht habe", sagt die 61-Jährige ein wenig wehmütig.

Gerhard Liebe (84) tanzte mit seiner großen Liebe Herta in "Bohlens Gasthof", auch noch nach der Heirat. "Das war 1959." Ihre goldene Hochzeit feierten die beiden Glücklichen "bei Bohlens, wo sonst?"

Auch Herbert Fildebrandt verliebte sich bei Bohlens in seine Margrit. "Wir waren alle eine große Familie, trafen uns beim Tanz, hörten Schlager. Ich habe immer sehr gern getanzt. Walzer und so etwas, eine wunderbare Zeit."

Arnold Wohlers (82) ist ein Verwandter des Wirtes. Auch deshalb hat der Maurer nach Feierabend noch oft hinterm Tresen gestanden, während seine Frau Elfriede in der Küche mit anpackte. "Alle zwei Wochen war Kegeln angesagt. Das ist jetzt alles vorbei."