Fällungen: Imker erstattet Anzeige

Die 40 Bienenstöcke von Dr. Marcus Bradtke-Hellthaler stehen am Rande der Wildnis. Sein Pachtgrundstück grenzt an das Naherholungsgebiet Lohe, in der unter Regie der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein ein Urwald entstehen soll. Umso mehr wunderte es den Imker, dass am vergangenen Freitag Sägen kreischten. Beobachtungen von Spaziergängern bestätigten seine Befürchtungen: "Völlig unverständlich wurden auf der Streuobstwiese alte Obstbäume gefällt." Auch mehrere Weiden, die in der Blüte standen, wurden gestutzt. "Heißt das Motto der Stiftung 'Schützen durch Abholzen'", fragt er sich. "Ich wüsste gern, warum in so großem Stil nicht nur Totholz entfernt wurde, das belegten zahlreiche Fotos. Uns wurde in schönsten Farben geschildert, dass die Natur hier sich selbst überlassen werden soll", sagt er. Auch mehrere Weiden wurden gestutzt: "Sie sind Frühblüher, stehen unter besonderem Schutz und dürfen nach Bundesartenschutzverordnung nur bis 8. März gefällt werden." Ein Grund für ihn, die Sache nicht auf sich beruhen zu lassen. "Ich habe Anzeige erstattet."

Dr. Carl-Heinz Schulz, Fachbereichsleiter in der Unteren Naturschutzbehörde für den Kreis Herzogtum Lauenburg, ist der 8. März als Schutztermin für Weiden unbekannt. Es habe eine Regelung im Landschaftspflegegesetz von 1982 gegeben, die Zweige von Kätzchenpflanzen besonders schützte. Diese sei jedoch ab 1993 nicht mehr in Nachfolgegesetze eingeflossen. Weiden seien jetzt wie jedes andere Gehölz eingestuft.

Polizeihauptmeister Thomas Satzel hatte sich gestern mit dem Fall auseinandergesetzt und die Akte erst einmal wieder geschlossen: "Im Zusammenspiel mit Experten, dem Umweltschutzdienst im Bezirksrevier und Behörden haben wir keinen Tatbestand gefunden, der eine Anzeige rechtfertigen würde." Bei neuen Erkenntnisses könne die Akte wieder aufgeschlagen werden.

Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein sieht sich unberechtigt ins Visier der Ermittlungen gestellt: In Schleswig-Holstein gelte für Knick- und Baumpflege das Landesnaturschutzgesetz. Paragraf 27a besagt, dass Gehölzpflege bis 14. März zulässig ist, so Bernd Struwe-Juhl von der Stiftung. Im Falle der Obstbäume habe dazu eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber den Kindern aus dem Waldkindergarten bestanden. Totholz über den Köpfen der Kinder stellte eine Gefahr da. Försterin Tanja Wagenknecht betont, dass keine gesunden Bäume gefällt wurden und Stämme mit Höhlen für Lebeswesen möglichst erhalten wurden.

Das wiederum stellt den Imker vor die Frage: Wie verträgt sich die Verkehrssicherungspflicht mit dem Urwald-Prinzip?