Serie: Die Juristin Nicole Marquardsen leitet seit 2013 den Verband der Südholsteinischen Wirtschaft

Die eleganten Pumps zum klassischen Hosenanzug trägt Nicole Marquardsen genauso locker, wie sie sich damit selbstverständlich auf einem Terrain bewegt, das noch immer vorwiegend Männer beherrschen. Die 45-jährige Volljuristin ist Geschäftsführerin des Verbands der Südholsteinischen Wirtschaft (VSW). Fünf Mitarbeiter und 330 Mitgliedsunternehmen der Region vertrauen auf ihre Professionalität. Die Kreativität der Hamburgerin ist ein nicht unwesentlicher Motor für Entwicklungsimpulse der regionalen Wirtschaft.

Wie selbstverständlich wurde die Führungsposition nicht an sie herangetragen. "Eine Managerin von Microsoft hat es auf einer Tagung treffend beschrieben", beantwortet sie die Frage, wie unterschiedlich Männer und Frauen Karriere machen. "Stellen Sie sich vor, am Ende einer Treppe wartet hinter einer Tür eine freie Position. Frauen gehen die einzelnen Stufen langsam herauf, wägen dabei ab, ob sie der Aufgabe gerecht werden können. Männer stürmen hinauf und sagen sich: 'Das mache ich schon'."

Eine Führungsposition hatte Marquardsen nicht im Blick, als sie 1998 frisch von der Uni und nach ihrem Referendariat beim VSW anfing: "Ich wollte einfach nur Rechtsanwältin sein." Als Fachanwältin für Arbeitsrecht vertritt sie unter anderem die Mitgliedsunternehmen vor Gericht. "Wirtschaft, Politik und Unternehmertätigkeit interessierten mich schon immer", sagt sie.

Nach sieben Jahren wartete dann eine Tür darauf, geöffnet zu werden: Die Stelle des zweiten Geschäftsführers war längere Zeit vakant. "Da habe ich einen für mich damals mutigen Entschluss gefasst", erinnert sie sich. "Mir war klar, wenn ich im VSW bleibe, möchte ich auch Verantwortung übernehmen." Sie fuhr zum Vorstandsvorsitzenden nach Ahrensburg und teilte ihm diesen Entschluss mit. Die Reaktion war positiv, der Weg in die Vorstandsetage geebnet. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Axel Stehr als Geschäftsführer wurde Nicole Marquardsen im Januar 2013 hauptamtliche Geschäftsführerin.

Vorbehalte von Männern ihr gegenüber hat sie nie erlebt: "Mir sind alle immer offen entgegengetreten." Was vielleicht auch an der natürlichen Führungspersönlichkeit, Stärke, Übersicht und dem Gespür für Menschen liegt. Und ihrer Professionalität: "Ich unterscheide zwischen Job und privat." Persönliche Probleme oder Stimmungslagen streift die gradlinige Juristin vorm Betreten des Büros an der Bahnhofsstraße ab.

"Zu Hause mit meiner Tochter und meinem Ehemann genieße ich es dagegen sehr, einfach Mensch und Frau zu sein. Da stehe ich nicht im Fokus und muss keine Leistung erbringen." Obwohl es auch ein Kraftakt sei, Familie und Vollzeitjob zusammenzubringen. Ohne ihre Mutter, die dreimal die Woche die Betreuung der Tochter (2) übernimmt, wäre es noch schwieriger. Auch die Möglichkeit ihres Ehemannes, sich die Arbeitszeit als selbstständiger Anwalt einzuteilen, unterstütze das System Familie und Vollberufstätigkeit. "In Deutschland ist es leider noch nicht so selbstverständlich wie in anderen europäischen Ländern, dass Eltern vollberufstätig sind und ihre Kinder gut betreut wissen. Das ist ein riesengroßes gesellschaftliches Problem."

Dennoch, sie wusste, dass sie beides für ein glückliches Leben braucht und genießt das private Ventil für eine Aufgabe, in der sie als strenge, unnachgiebige Verhandlungspartnerin für die Mitgliedsunternehmen funktionieren muss.

Zum Beispiel beim jüngsten großen Projekt, mit dem sie den Firmen bei der Suche nach stark umworbenen Fachkräften hilft. Der VSW hat eine "Dienstleistungs GmbH" gegründet, um bei großen Internetplattformen wie "monster" Kontingente anzukaufen. So können Unternehmen günstiger Anzeigen schalten. Als Partnerin der Wirtschaft berät sie über öffentliche Finanzierungshilfen für Betriebe, vermittelt Geschäftsverbindungen und wirbt für verstärkte Auftragsvergabe zwischen den Mitgliedern des Verbandes, informiert über wichtige Ausschreibungen der öffentlichen Hand und vermittelt Kontakte zu allen Behörden und Ämtern. Auf ihrem großen weißen Schreibtisch warten noch viele Aufgaben.

In unserer Serie "Frauenpower" stellen wir in loser Folge Frauen vor, die an exponierter Position Verantwortung tragen. Das nächste Mal die Gastronomin Iris Dellavecchia.