Demenz: Stadt verspricht Angehörigen-Selbsthilfegruppe jetzt finanzielle Unterstützung

. Demenz ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern. Betroffene kennen plötzlich die Namen ihrer Partner nicht mehr, wissen nicht mehr, wo sie wohnen, möchten sich an manchen Tagen nicht waschen oder anziehen. Für die Angehörigen sind all dies schwierige Situationen, denen die meisten zunächst hilflos gegenüberstehen. Für Menschen wie sie hat Claudia Sanmann eine Selbsthilfegruppe gegründet. 21 Teilnehmer treffen sich regelmäßig einmal im Monat, um sich auszutauschen. "Öfter geht leider nicht, denn die meisten finden kein weiteres Mal eine Betreuung für ihren Angehörigen", weiß Claudia Sanmann.

Die Krankenschwester mit Geriatrie-Erfahrung hat jetzt mit ihrem ehrenamtlichen Engagement auch Reinbeks Politik beeindruckt. Tomas Unglaube (SPD), Vorsitzender des Sozialausschusses, stellt Steuermittel in Aussicht, um die wertvolle Arbeit zu unterstützen.

Das Geld kann die Gruppe gut gebrauchen. "Ich würde gern mal einen Film zeigen, wie man mit Demenzkranken umgeht, einen Referenten einladen und einen Beamer samt Leinwand anschaffen", erläutert Claudia Sanmann. In der vergangenen Woche hat sie 1000 Flyer drucken lassen, um auf die Selbsthilfegruppe aufmerksam zu machen. Ausgelegt werden sie beispielsweise im Rathaus und im Jürgen-Rickertsen-Haus. Die Kosten für den Druck trägt die Mitfünzigerin bislang noch privat.

Betroffen sind jedoch viele Familien. Bundesweit sind derzeit 1,4 Millionen Menschen erkrankt. "In Reinbek müssten es allein 565 sein", hat Sozialamtsleiter Torsten Christ ausgerechnet. Das Bundesministerium für Gesundheit schätzt, dass es bundesweit im Jahr 2030 bereits 2,2 Millionen Menschen sein werden.

Für sie und ihre Angehörigen müsste es zahlreiche niedrigschwellige Angebote geben, wünscht sich Claudia Sanmann. Sogenannte Pflegestützpunkte in Lübeck oder Bad Oldesloe reichten nicht. Denn allein die Anfahrt sei viel zu weit, bedenkt man, dass Demenzpatienten nicht allein gelassen werden können und betreut werden müssen. "Ehepartner oder Kinder finden nur schwer qualifizierte Betreuer. Ein Friseurbesuch oder ein Kinoabend muss von langer Hand geplant werden", weiß die Leiterin der Selbsthilfegruppe.

Auch das Abrechnungssystem für externe Unterstützung sei viel zu kompliziert, sagt sie. Hilfreicher seien schnell zu erreichende Beratungszentren, die sich auf bestimmte Fachgebiete spezialisiert haben.

Ein sechswöchiger kostenloser Kursus für Angehörige startet am kommenden Freitag, 14. März. Interessierte sind um 19 Uhr in der Freikirchlichen Gemeinde, Nelkenstraße 6, willkommen. Wie an jedem zweiten Montag im Monat trifft sich die Selbsthilfegruppe heute Abend dort ebenfalls - um 19 Uhr. Claudia Sannmann: "Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Wunsch, sich auszutauschen, weiter fortbesteht, auch wenn der offizielle Kursus beendet ist."