Neuland: Aumühlerin möchte Sachsenwald digital erobern

Der Sachsenwald hat Potenzial, eine digitale Tour zu werden, sagt Dr. Susan Müller-Wusterwitz. Die Restauratorin und Kunsthistorikerin ist Inhaberin von DigiKultur, einem Unternehmen, das digitale Info- und Führungssysteme entwickelt - Apps, die man kostenlos auf Smartphone oder Tablet laden kann. Mobile Apps sind beispielsweise für Hamburger Naturschutzgebiete entstanden. Die 51-Jährige kann sich auch eine App im Sachsenwald vorstellen. Als Aumühlerin ist sie dort selbst viel unterwegs. "Der Sachsenwald hält so viele Geschichten bereit. Es war ja nicht nur Bismarck dort, sondern auch chinesische Gesandte, Kaiser und Herzöge, die an der Schranke in Friedrichsruh ausstiegen."

13 Stationen leiten durch die Boberger Dünen

Der Gefahr, dass Besucher durch den Wald wandern und dabei nur auf ihr Smartphone starren, bestehe nicht, versichert die Expertin. "Der Nutzer bekommt nicht nur Informationen, sondern wird auch eingeladen, mit eigenen Augen zu sehen. Zwischen den Hörsequenzen gibt es Leerstellen oder im Museum auch mal die Aufforderung, in die Hocke zu gehen, um ein Bild bei Schräglicht zu betrachten. Wir geben Anregungen zur Wahrnehmung. Unsere Apps sind eine Hilfe, mit der man bei Museumsbesuchen und Wanderungen mehr sehen kann." Das kann auch die Aufforderung sein, etwas anzufassen, wie bei der digitalen Wanderung durch die Boberger Dünen mit 13 Stationen und 24 Themen. "Lassen Sie mal den Sand durch die Finger rieseln", heißt es da.

In ihrer Arbeit stecken Erfahrungen, die Susan Müller-Wusterwitz in der halben Welt gesammelt hat. Nach ihrer Ausbildung am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg arbeitete die gebürtige Bremerin am Metropolitan Museum of Art in New York. Hier arbeitete sie 1988 zum ersten Mal mit Computern. "Ich bin schon immer neugierig gewesen, probiere gern aus und hatte nie Berührungsängste mit dem PC." Die Faszination für alte Möbel und Gemälde und neue Technik schließen sich keineswegs aus. "Die Entwicklung geht weiter, und man muss fantasievoll genug sein, um sie zu nutzen."

Später ging sie an das Victoria and Albert Museum in London und kehrte schließlich nach Hamburg zurück, um Kunstgeschichte zu studieren. Bei der Entwicklung, Produktion und Durchführung von Onlinekursen für Studenten lernte sie das Potenzial digitaler Medien für Vermittlung von kunst- und kulturhistorischen Inhalten kennen. "Das wollte ich einem größeren Publikum zugänglich machen und gründete 2007 DigiKultur."

Susan Müller-Wusterwitz ist überzeugt von digitaler Technik als Lerninstrument in allen Altersklassen. "Mir gefällt zwar auch nicht, was Smartphones mit der Jugend machen. Aber das Problem ist: Es gibt zu wenig Bildungsangebote und zu viele flache Informationen." Auf den von ihr entwickelten Apps wird nicht nur geredet, sondern auch mit Bildmaterial gearbeitet: Der Nutzer sieht zum Beispiel, wie ein Gebäude früher aussah. Bei Apps für Kinder können es Comicfiguren sein. "Das Schönste ist, wenn der Besucher von einem Objekt berührt ist", sagt Müller-Wusterwitz.

Die App Entdeckerrouten (www.entdeckerrouten.org) soll noch erweitert werden - um die Vier- und Marschlande und irgendwann eben auch den Sachsenwald. "Das Problem ist immer das der Finanzierung", so Müller-Wusterwitz. Die kostenlosen Apps finanzieren sich unter anderem über Stiftungen und EU-Förderungen.

Aber nicht nur Geld ist für die digitale Software für Mobilgeräte nötig. "Wir arbeiten mit Lokalhistorikern, Landwirten und Experten zusammen." Sie kennen Quellen und Anekdoten aus dem Sachsenwald, die später auf der mobilen App zu hören sind.

www.digikultur.de