Druckreif: Biografie-Projekt geht in die Endphase

13 persönliche Erinnerungen, aufgeschrieben von 13 Zuhörern. In einer Biografie-Werkstatt der Kirchengemeinde Reinbek-West hatte Vikarin Susanne Schumacher Erzähler und Schreibende zusammengebracht. Das Ergebnis geht jetzt in den Druck und bietet auf 161 Seiten "wertvolle Aspekte und Perspektiven auf Lebenssituationen, die unser Leben bereichern können", so die Initiatorin.

"Auf nach Rio!", "Immer lustig bleiben" oder "Omnis homo mendax" (Jeder Mensch ist ein Lügner) lauten einige Titel der Episoden. Mal ist es ein herausragendes Erlebnis, mal ein kompletter Bogen der Vita. Sie erzählen von der Sehnsucht eines Seemanns, oder einer Frau, die auf dem Schaumannschen Gut aufwuchs. Viele Geschichten stehen unter dem Vorzeichen Krieg und Nachkriegszeit. "Sie machen Mut und zeigen auf, wie Menschen auch in unglaublichen Situationen die Hoffnung nicht verloren haben", macht Pastorin Barbara Schöneberg-Bohl Lust darauf, das Buch "Keine Geschichte beginnt mit ihrem Anfang" aufzuschlagen.

Bei einem Kaffee aus einem hübschen alten Meissner Zwiebelmustergeschirr erinnerte Ursela Puck an die "Kriegserfahrungen eines Waisenkindes". Im Alter von acht Jahren hatte sie kurz hintereinander beide Eltern an TBC verloren. Ihre Kindheit hat sie in Waisenhäusern verbracht oder kam zu Familien, in denen sie als Störfaktor empfunden wurde. Nach den ersten Luftangriffen auf Hamburg erlebte sie 1940 die Kinderlandverschickungen und denkt gern an ein "Fräulein Glaser" zurück, eine junge Lehrerin, die etwas Freude in den Kriegsalltag in einer unheimlichen Burg in Kulmbach brachte: "Spaß machten nur die Ausflüge mit Fräulein Glaser, die auch lieber in der freien Natur als in der düsteren Burg unterrichtete." Es wurden Kräuter gesammelt und gepresst, Blumen bestimmt. "Berge von Thymian verbreiteten einen wunderbaren Duft und Mengen von Kornblumen mussten gezupft werden, weil man aus den blauen Blütenblättern eine Heilsalbe für die Lazarette herstellen konnte", erzählt Ursela Puck. Erst nach Jahren erkannte sie Fräulein Glaser auf einem Foto wieder. Die freundliche Lehrerin war inzwischen die Kanzlergattin Loki Schmidt geworden.

Erinnerungsperlen wie diese finden sich auf allen Seiten. Das Lesevergnügen ist jedoch nur ein Aspekt, den die Initiatorinnen im Blick hatten. "Es geht auch um den Austausch zwischen den Menschen", so Schöneberg-Bohl. "Der Reiz liegt in der Begegnung über Generationen", fügt Schumacher hinzu.

So einmalig die Geschichten auch sind, so lässt sich doch auch viel Gemeinsames entdecken: "Zum Beispiel der beeindruckende Wille, das Beste aus der Situation zu machen und trotz allem an sein Glück zu glauben", bringt es Dr. Kirsten Sander im Nachwort auf den Punkt.

Das Buch soll am Sonnabend, 29. März, um 19 Uhr in der Nathan-Söderblom-Kirche, Berliner Straße, mit allen Beteiligten der Öffentlichkeit präsentiert werden. Elke Güldenstein, Leiterin des Kulturzentrums, wird Passagen vorlesen. Der Eintritt ist frei.