Interview: Reinbeks Kulturchefin hat noch viele Ideen - vom “Museum im Schrank“ bis zur “Kulinarik“

Sie arbeitet seit einem Jahr als neue "Schlossherrin". Elke Güldenstein hat als Kulturchefin das Programm neu ausgerichtet - weg vom Theaterbetrieb im Sachsenwald-Forum hin zum Kulturzentrum für Jung und Alt im Schloss. Gerade ist die 51-Jährige von der "internationalen Kulturbörse Freiburg" zurückgekehrt - mit vielen Anregungen für das Programm 2015. Die Kulturmanagerin zog im Gespräch mit "bz"-Redakteurin Anne Müller eine erste Bilanz.

Erinnern Sie sich an Ihren ersten Besuch im Schloss?

Elke Güldenstein:

Ja, der war ganz klassisch. Als ich mit meinem Mann 1991 auch Reinbek gezogen war, haben wir den Weihnachtsmarkt besucht. Das Schloss war für mich und ist sicher auch für viele Reinbeker ein erster Berührungspunkt mit der Stadt. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir das Konzept für den Weihnachtsmarkt als Magnet für die Stadt mit neuen Ideen weiterentwickeln.

Ihr Büro liegt unterm Dach. Kennen Sie inzwischen jeden Winkel des Schlosses?

Alle sicher noch nicht. Aber es ist reizvoll, dass das Haus immer noch überraschende Winkel bereithält.

Welche Kulturveranstaltungen besuchen selbst gern?

Vor allem Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Mit meiner Familie bin ich regelmäßige Theaterbesucherin. Begeistert hat mich beispielsweise der "Faust" im Schauspielhaus mit Edgar Selge. Da sind meine Jungs (19/17) sogar noch einmal hingefahren.

Welchen Künstler würden Sie gern nach Reinbek holen?

Wovon ich träume?

Ja.

Zum Beispiel ein Konzert mit Daniel Barenboim oder ein Open-Air-Abend mit Martin Grubinger wären fantastisch. Auf Till Brönner oder Sting würde ich mich auch freuen. Man sollte sich die Ziele gern hoch stecken. Und realistisch: Beispielsweise mit dem Amaryllis Quartett und Christoph Soldan bekommen wir dieses Jahr sehr gute, bekannte Künstler ins Programm.

Nach welchen Kriterien gehen Sie bei der Auswahl für das Progamm vor?

Ich gehe nicht nur nach meinem eigenen Geschmack, sondern versuche eine Mischung zu gestalten, die verschiedene Interessen und Genres anspricht. Dabei gucke ich vor allem auf Qualität.

Ende des Jahres wird das Sachsenwald-Forum als feste Bühne schließen. Welche Auswirkungen hat das auf das Kulturprogramm in Reinbek?

Wir experimentieren zurzeit mit theatralischen Stücken im Kleinformat. Dabei müssen wir uns an den Räumen orientieren. Einen Theatersaal mit aufsteigendem Gestühl können wir nicht bieten. Die Inszenierung soll zur Atmosphäre der Räume passen. Da eignen sich vor allem kleine Inszenierungen auf offener Szene.

Wie sieht es mit der Theaterkasse aus?

Die soll nach unserem Konzept im Sommer in die Stadtbibliothek umziehen.

Worin sehen Sie die Stärken des Schlosses für einen Kulturstandort?

Die historische Bedeutung, das Ambiente, die unterschiedlichen Raumgrößen mit ihrer jeweils eigenen Atmosphäre, die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und eine Gastronomie im Haus.

Für die großen Bühnen müssen Reinbeker Theaterfans längere Wege in Kauf nehmen. Dafür gibt es den Theaterbus. Wie wurde er angenommen?

Seit November sehr gut. Inzwischen starten zwei vollbesetzte Reisebusse von Reinbek Richtung Hamburg.

Ein Ziel war es, auch das junge Publikum und Familien stärker einzubinden. Ist das gelungen?

Durch unser erstes "Wort-Fest" haben wir viele Jugendliche ins Haus bekommen. Sie haben die Räume bei den Projekten sofort als "ihre" angenommen. Das hat mich besonders gefreut. Denn das Schloss soll nicht nur Veranstaltungs-, sondern auch ein Ort für Integration sein, Menschen zusammenbringen, Ideen und Aktionen verknüpfen. Das klappt auch mit unserer "Kultur-Kost". Bei Stefan Sell waren sogar Familien mit ihren Krabbelkindern ins Schloss gekommen und genossen die Mischung aus Märchen, Musik und leckerem Essen.

Welche Veranstaltung hatte den größten Zuspruch?

Der Klavierabend mit Justus Frantz war ausverkauft, auch die swingende "Kultur-Kost" mit "Elbfräulein" oder Wilmas Weihnachten. Aber auch die Kleinkunst in der Begegnungsstätte in Neuschönningstedt läuft sehr gut.

Ihr Programm wurde von Politik und Verwaltung begeistert aufgenommen. Gab es auch Kritik?

Bisher ist die nicht an mich herangetragen worden. Ich verstehe mich als Gastgeberin und spreche die Besucher direkt vor und nach den Konzerten oder Ausstellungen an. Die Rückmeldungen sind durchweg positiv.

Welcher Etat steht Ihnen für Veranstaltungen zur Verfügung?

In diesem Jahr sind es 49 000 Euro.

Welches besondere Projekt würden Sie in diesem Jahr gern realisieren?

Ein Open-Air-Konzert im Schlosspark. Das ist wegen der Eintrittskarten und Absperrungen im Park schwer zu organisieren, aber immer noch ein Wunsch. Konkreter sind die Vorbereitungen für die Kulturtage "Kulinarik". Im Mai werden im Schloss und an anderen Orten der Stadt Reinbeker Vereine, Kirchen und Schulen Appetit auf Kultur machen. Ein Aspekt ist Essen und Genuss als Kulturthema. Unterstützt von den "Stormarner Kultur- und Geschichtstagen 2014" erarbeitet zurzeit eine Museumspädagogin ein Konzept für Schulklassen.

Wie sieht das aus?

Das Schloss ist ja kein richtiges Museum und bietet gerade für Kinder wenig "zum Anfassen". Dafür wird ein historisches Möbelstück mit besonderer Ausstattung und einem Programm zum "Museum im Schrank".

Ein weiteres Ziel war die Vernetzung Kulturschaffender in Reinbek. Ist das gelungen?

Ein wichtiges Ziel ist immer noch das Kulturportal im Internet. Auf dem Reinbeker Vereine ihre Veranstaltungen ankündigen können und auch Links zu ihren Seiten legen können.