Wartelisten: Eltern von angehenden Schulkindern schreiben Brandbrief an Politiker

Grit Garschke (40) ist Juristin, Marion Arnold (48) Office-Managerin. Beide stehen wie auch Ausbildungscoach Mona Kutscha (42) und die Werbekauffrau Manuela Hess (42) voll im Berufsleben. Und nach Dienstschluss warten die Kinder. Das funktionierende Geflecht aus Beruf und Familie steht jetzt jedoch für alle vor einer Zerreißprobe. Ihre Kinder kommen im August in die Schule und es gibt keinen Betreuungsplatz. Die Offene Ganztagsschule am Mühlenredder ist ausgebucht, auch die Wartelisten für Hortplätze sind lang.

"Dann kann ich ja gleich meinen Job an den Nagel hängen", war die erste Reaktion von Manuela Hess, als sie den Anruf von der Schule bekam. "Ich hatte die Situation nicht so dramatisch eingeschätzt und bin aus allen Wolken gefallen", erinnert sie sich. Die Schule hat einen guten Ruf, liegt um die Ecke. "Mein Kind wäre gern mit den Nachbarskindern in eine Klasse gegangen." Doch wie die Eltern von 24 weiteren Kindern bekam sie eine Absage. Mit 175 Kindern ist die OGS längst über die einst vorgesehenen 80 Plätze hinausgewachsen. Hess hat ihre Tochter an der Grundschule Klosterbergen angemeldet, auch wenn der Schulweg weiter ist. Dort gibt es zwar keine OGS, aber die Kinder werden nach der Schule betreut. Da die Werbekauffrau von 8.30 bis 14.30 Uhr arbeitet, konnte sie sich arrangieren.

Mona Kutscha, Mutter von zwei Kindern (4 und 6 Jahre), müsste ihren Job als Ausbildungscoach aufgeben, wenn Bennet ab August nicht in der OGS betreut werden kann. "Es sollte nicht heißen, ich müsse mich organisieren, sondern es sollte umgekehrt sein", fordert sie die gesellschaftliche Hilfe für Familien ein, die in Sonntagsreden so häufig beschworen wird. Dabei gehe es ihr nicht nur um den finanziellen Aspekt: "Ich möchte auch gern arbeiten."

Das trifft auch auf Grit Garschke (40) zu, die Juristin arbeitet in Vollzeit bei einer Versicherung in Hamburg. Eine Reduzierung der Arbeitszeiten könnte sie ihre Position kosten, von Arbeitnehmern werde heute große Flexibilität erwartet. "Es ist der Normalfall, dass beide Eltern arbeiten gehen. Oft besteht im eigenen Umfeld keine Möglichkeit der Unterstützung durch Großeltern oder andere Familienmitglieder." Office-Managerin Marion Arnold (48) kann ebenfalls nicht auf dieses Netz zurückgreifen. "Es ist ein Bedarf für Betreuungsplätze da. Wir können nicht auslöffeln, was die Politik versäumt hat", sagt sie.

Die Eltern haben sich jetzt mit einem Brief an die Mitglieder des Sozial- und Schulausschusses gewandt, der heute (19.30 Uhr) tagt. Der Vorschlag der Verwaltung berücksichtige ihrer Meinung nach nicht alle Aspekte: "Der Ausbau der Hortbetreuung und der dringend notwendige Personalaufbau in der OGS werden nicht einmal erwähnt", kritisiert Garschke.

Die OGS sei bereits seit einigen Jahren überbelegt. "Der momentane Bedarf bestehe mithin nicht nur in den 24 Plätzen, für die vorerst Absagen erteilt werden mussten. Der tatsächliche Bedarf ist deutlich höher", ist sie sicher. In der Hortgruppe der städtischen Kita Schulstraße gebe es ebenfalls bereits eine Überbelegung. Auch wenn der Schwerpunkt für den Ausbau der Nachmittagsbetreuung an den Schulen gesehen werde, so dürfe die Hortbetreuung nicht unbeachtet gelassen werden, um den Eltern eine Wahlmöglichkeit zu lassen, fordert sie.

Die könnte mit dem Neubau der neuen Kindertagesstätte geschaffen werden. "War es nicht gerade die hohe Flexibilität der schnellen Umsetzung von baulichen Anpassungen, die zur Entscheidung für die Modulbauweise geführt hat? Die Weiternutzung des Gebäudes Schulstraße stellt ebenfalls eine Alternative für den Übergangszeitraum", so die Eltern.