Verständigung: US-Seele auf der Spur

US-Amerikaner ist zunächst einmal, wer den Pass hat. "Und der ist im Gegensatz zu früheren Zeitenbunt geworden", erläuterte William Boehart im Angerhof. Stars and Stripes, der Weißkopfseeadler, die Präambel der Verfassung - für den Geschmack des ehemaligen Archivars enthält das Design ein paar patriotische Symbole zu viel. Der in Woodstock/Illinois Geborene sieht darin ein Indiz für die grundlegende Veränderung der amerikanischen Seele nach den Terroranschlägen des 11.September 2001. Und diese Seele wollte der 66-Jährige auf Einladung der Freien Lauenburgischen Akademie und des Bürgervereins Wentorf seinen rund 50 Zuhörern näher bringen.

"Amerika für Fortgeschrittene" lautete die Überschrift des kurzweiligen Vortrages. "Meine Frau Claudia meinte, für Anfänger könnten meine Erläuterungen ja nicht sein. Schließlich habe Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg eine intensive Beziehung zu den USA gepflegt", so Boehart. Wie intensiv, sollte sich in einer Frage ausdrücken. "Ich kann mich daran erinnern, wie wir Care-Pakete in der Nachkriegszeit erhielten", sagte ein Mann. "Dabei waren viele Amerikaner im Krieg gestorben, den Deutschland zu verantworten hatte. Wie erklärt sich diese Hilfsbereitschaft?". Boehart sagte, dass den Amerikanern ein "Erzfeind"-Denken grundsätzlich fremd sei.

Der Grundsatz sei nach dem 11. September zwar ins Wanken geraten - deshalb auch der neu entflammte Patriotismus, aber immer noch vorhanden. Boehart: "Das amerikanische Denken bleibt stark geprägt von den Gründungsvätern." In der Unabhängigkeitserklärung habe vor allem der spätere Präsident Thomas Jefferson verankert, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden und jeder unveräußerliche Rechte wie das auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück besitze. "Im Grunde ist jeder, der so denkt, ein Amerikaner", meint Boehart. Dass in der US-Geschichte Minderheiten wie Farbige und Indianer dennoch auf der Strecke blieben, sei einer der Widersprüche, die ebenfalls zum amerikanischen Denken gehörten.

Boeharts Antwort auf eine weitere Publikumsfrage: "Dass der US-Präsident vom Kongress blockiert werden kann, war von Anfang an so gewollt." Die Gründungsväter hätten tiefes Misstrauen gegen Machtanhäufung in einer Zentralregierung gehegt. Boehart: "Sogar Jefferson hat immer betont, dass er ein Mann aus Virginia ist und nicht in erster Linie Amerikaner." Zudem sei der Geist der Siedler, die das Land zivilisierten, immer noch in Verhaltensweisen sichtbar: Amerikaner seien Neuem gegenüber aufgeschlossen, gastfreundlich, optimistisch und glaubten daran, dass jeder seines Glückes Schmied ist.

Insgesamt sei das Denken von einer Aufgeschlossenheit geprägt, die aber auch Boehart manchmal für oberflächlich hält: "Deshalb wollte ich auch nach Deutschland, ins Land der Dichter und Denker." Jetzt, wo er im Ruhestand sei, fliege er regelmäßig in sein Heimatland. "Meine Mutter lebt noch dort, in Wisconsin."

Und worin sieht er den grundlegenden Unterschied der Deutschen zu Amerikanern? Boehart: " In der Tendenz, sich abzugrenzen und einzuigeln - mit Hecken und Zäunen etwa. Man kann einen Deutschen aus der Provinz bringen, aber nicht die Provinz aus einem Deutschen."