Wintertraining: Mehr als 100 Sportler aus ganz Deutschland übten “Wado Kai“

Schweiß perlt über konzentrierte Gesichter. "Kiai", schallt es hundertstimmig durch die Sporthalle der TSV Reinbek. Hundert Paar Füße stampfen aufs Hallenparkett. Hundert Karatekämpfer der Stilrichtung "Wado Kai" bewegen sich wie ein Mann. Ein faszinierender Anblick. Für drei Tage hatte die Karateabteilung der TSV Reinbek Vereine aus ganz Deutschland zum gemeinsamen Training geladen, war sozusagen Karatehauptstadt. Das nationale Wintertraining der Kampfsportler hat eine 35-jährige Tradition und wurde jetzt zum zweiten Mal in Reinbek ausgetragen. Dieses Mal gab es sogar "Dan-Prüfungen". "Dan" nennt man die Meistergrade im Karatesport. "Kyu" sind die Schülergrade. Es gibt verschiedenfarbige Gürtel wie auch im Judo. Der schwarze Gürtel ist der höchste, den man erlangen kann.

"Ich habe gestern meinen 5. Kyu geschafft" sagt Tina Steinmann stolz. Die 20-jährige Dresdnerin kam mit zwölf Jahren das erste Mal zum Training. "Karate ist toll", schwärmt sie. Der Sport habe ihr starkes Selbstvertrauen gegeben und ein "großartiges" Körpergefühl. Auch habe sie viel über die menschliche Psyche und Teamgeist gelernt.

Dreimal klatscht es in die Hände. Übungsleiter Peter Mixa zeigt eine Technik, die die anderen nachmachen sollen. Zuerst schnell: In wohl unnachahmlicher Geschwindigkeit bewegt Mixa dreimal die rechte Hand und hat seinen Gegner im Griff. Richtungswechsel: Sein Ellenbogen drückt die Faust des Gegners an dessen Brustkorb. Der vorgeschobene Fuß verhindert einen gegnerischen Tritt. Geschafft: Der Gegner ist hilflos. Nun wiederholt Mixa langsam die Bewegungen und erkärt: "Man kann gleich sein in Körperstärke und Technik. Gewinner bleibt am Ende immer der bessere Taktiker." Der 63-Jährige wirkt jung und agil. "Natürlich liegt das am Sport", sagt er und lacht. Als er in den 1960er-Jahren mit Karate begann, hatte er simple Gründe. "Ich hatte eins auf die Mütze gekriegt und wollte mich künftig zur Wehr setzen können." Auch in den James-Bond-Filmen wurden Karateszenen gezeigt. Heute ist Karate für Peter Mixa viel mehr als ein Sport. "Es ist eine Philosophie", sagt er. Nie lerne er aus. Immer könne er sich verbessern. Nach 45 Jahren hat der TSVler den schwarzen Gürtel und den siebten "Dan". Viel höher schafft es kaum jemand.

Für die Reinbeker, die das Training ausrichteten, gibt es lobende Worte: "Die Halle ist geheizt, und das ist längst nicht überall so. Das Essen war gut und sehr günstig, ebenso die Unterkunft. Besser kann man es kaum machen. Ein dickes Lob an die Veranstalter", sagt Ekki Meyer (53) vom Karate-Club Hasbach in Baden-Württemberg, bevor er Carlotta Graf (13) von der TSV Reinbek blitzschnell in den Arm fällt.

Karate-Abteilungsleiter Timo Stieger-Fleischer freut sich über den großen Zuspruch. "Es waren etwa 30 Aktive aus Reinbek dabei. Der Rest kam aus ganz Deutschland." Über die Jahre sind zwischen den Sportlern Freundschaften gewachsen. "Man geht abends noch ins Clubhaus, trinkt was und klönt." Besonders freut er sich darüber, dass die Krankenkassen Karate jetzt als besonders gesundheitsfördernden Sport ansehen. "Selbst Arthrose kann man in den Karate-Griff bekommen."