Interview: Bürgermeister Axel Bärendorf wünscht sich mehr Gehör für Fachkompetenz

Morgen wird Bürgermeister Axel Bärendorf wohl das letzte Mal mit Reinbekern im Schloss das neue Jahr begrüßen. Wie berichtet, hatte der Verwaltungschef angekündigt, im Mai nicht mehr für die Direktwahl zu kandidieren. Doch bis zum Ablauf seiner Amtszeit Ende August gibt es noch einiges zu tun. Im Gespräch mit Redakteurin Anne Müller blickt der Verwaltungschef auf das Jahr 2014 - auch über Reinbeks Grenzen hinaus.

Was möchten Sie in Reinbek noch erreichen?

Bärendorf:

Als erstes den Feuerwehrstandort absichern, wo auch immer er sein mag. Das Einzelhandelsentwicklungskonzept möchte ich mit Nachbarn ansprechen. Wichtig ist mir auch eine zusätzliche G9-Oberstufe an der Gemeinschaftsschule.

Für die Feuerwehr haben Sie sich klar positioniert, gibt es bis August einen Spatenstich?

Das glaube ich nicht. Es gibt zwar einen Standortbeschluss für den Betriebshof an der Hermann-Körner-Straße. Aber noch muss die Fachaufsicht des Kreises abwägen, ob von diesem Standort aus die Alarmzeiten abgesichert sind.

Wann rechnen Sie damit?

Ende Januar, Anfang Februar. Vermutlich mit der Ansage: "Entweder revidiert ihr diesen Beschluss und baut an einer zentraleren Stelle oder Ihr weist einen zweiten Standort aus." Dabei sehe ich aber als Zuständiger für das Feuerwesen in Reinbek erhebliche Probleme. Ich glaube nicht, dass eine Freiwillige Ortswehr zwei Wachen bespielen kann.

Was spricht dagegen?

Sie brauchen mehr Feuerwehrleute, um zwei Löschgruppen zu besetzen. Und möglicherweise eine zweite Drehleiter. Dann aber sind wir bei einer finanziellen Situation, die ich als Desaster beschreiben würde.

Denken Sie, dass es vor diesen Argumenten ein Umdenken in der Politik geben wird?

Das wage ich heute nicht einzuschätzen. Der Standort Betriebshof ist mit mir in keiner Weise diskutiert worden. Sonst hätte ich viele Dinge, die ich in der öffentlichen Sitzung gesagt habe, vorher in Arbeitsgremien gesagt.

Die Befürworter des Standortes Mühlenredder haben eine Internetseite eingerichtet, um Bürgern ein Forum zu geben. Denken Sie, das könnte auf ein Bürgerbegehren hinauslaufen? Oder ist das zu spät?

Das ist aus meiner Sicht nie zu spät. Die Reaktionen aus der Bevölkerung werden zurzeit auf jeden Fall deutlicher. Ich hatte vor einigen Tagen ein erstes Gespräch mit einer Anwohnerin aus den betroffenen Wohnvierteln, die sich hier sehr besorgt äußerte.

Was sind die Interessenlagen gegen den Feuerwehrstandort Mühlenredder?

Wenn ich die gekannt hätte, wäre ich blöd gewesen, wenn ich nicht versucht hätte, sie wie ein Mediator zu umschiffen. Ich glaube nicht, dass es primär ein Thema der Schulkinder ist. Das ist sicher ein Gesichtspunkt, aber es muss etwas dahinter geben, was ich nicht durchblicke.

Neben der Feuerwehr ist das Thema Finanzen ein Dauerbrenner. Politiker warnen, dass sich die Situation der Stadt verschlechtern wird. Sehen Sie das genauso?

Es hat mich im Vorfeld völlig irritiert, mit welchen Themen diese Haushaltsdiskussion befrachtet war. Die Finanzdaten für 2014 sind so gut, da brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Gleichwohl sehe ich das, was das Land mit seinem Finanzausgleichsgesetz auf den Weg bringen will, mit Sorge. Allein in Stormarn sollen zusätzlich 15 Millionen Euro abgegriffen werden. Wir werden kräftig gemolken, aber mit unseren Problemen weiterhin allein gelassen. Das ist eine böse Situation. Ich sehe hier nicht nur ein finanzielles Problem.

Was meinen Sie konkret?

Zum Beispiel das Übereinkommen mit der Hansestadt Hamburg zur Aufnahme von Schülern aus dem Hamburger Umland, das 2015 endet. Unsere Gewerbebetriebe bilden hier Tausende von Azubis aus, die zum Teil kreuz und quer durch Schleswig-Holstein fahren müssen. In Hamburg wäre eine Berufsschule in 30 Minuten zu erreichen.

Wären Sie lieber mit Hamburg verwoben als mit Kiel?

Der Webfehler, wenn Sie mich so fragen, ist nach wie vor, dass Hamburg nicht die Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein ist. Wenn es an dem wäre, hätten wir ein einheitliches Rechtsgebilde. Dann wäre vieles einfacher.

Ein Plädoyer für einen Nordstaat?

Ja, würden beide Länder die Kooperationen vorleben, hätten wir die kleinteilige Diskussion über Kreisgebietsreform nicht und auch eine andere Situation im Finanzausgleich. Das Geld reicht eben nicht, um alle Verwaltungen adäquat zu finanzieren. Der Weg über das Finanzausgleichgesetz, das sogar eine Umverteilung zugunsten der Kleinstkommunen vorgibt, ist falsch. Es ist kaum nachzuvollziehen, dass eines der kleinsten Bundesländer mit 1100 Kommunen die größte Artenvielfalt hat. Wir brauchen Verwaltungsleitzentren um die 30 000 Einwohner.

Wo könnten die liegen?

In Stormarn bietet sich die Dreiteilung Bad Oldesloe, Ahrensburg, Reinbek an.

Also nur noch eine Verwaltung in Reinbek?

Für Teile sicherlich ja.

Könnte sich Reinbek dann wieder mehr leisten, Beispiel Freizeitbad?

Die Freizeitbadbetriebsgesellschaft funktioniert mit dem engagierten Team unter Badleiter Holger Kehl. Wir müssen aber mittelfristig zwei Millionen Euro investieren, damit es attraktiv bleibt.

Der Kulturbetrieb wurde in Ihrer Amtszeit neu aufgestellt. Wie geht es weiter?

Ich hatte immer deutlich gesagt, dass wir die Mietkosten des Sachsenwald-Forums aus unserem Etat herausbekommen müssen. Das wird ab Ende 2014 der Fall sein. Das Team mit Kulturchefin Elke Güldenstein macht im Schloss mit neuen Schwerpunkten einen tollen Job.

Sie stehen noch mitten in den Reinbeker Themen. Wünschen Sie sich doch noch ein Signal von der Politik?

Nach allem, was vorgefallen ist, ist es deutlich, dass sich die Reinbeker Politik anderweitig orientieren möchte. Dass die Misstrauenskultur abgebaut wird und Sachverstand von Externen Vorrang gegeben wird, sehe ich nicht, und deswegen glaube ich auch nicht, dass da noch etwas kommt.

Haben Sie schon von potenziellen Nachfolgern gehört?

Nein, im Mai ist die Wahl. Es hat mich völlig irritiert, dass bis heute noch kein Kandidat aus dem Knick gekommen ist. Außer die Ansage von dem Ü-30-Partymacher Jörn Zimpel. Er hat ja gesagt, "wenn einer das schlecht macht, muss er das besser machen".

Haben Sie es bereut, sich in Reinbek beworben zu haben?

Nein. Es war für mich klar, dass es noch mehr Arbeit bedeutet und noch weniger an Akzeptanz und persönlichem Dank. Was ihnen in einer kleineren Kommune wie Ammersbek durchaus noch entgegenschlägt, können sie hier vergessen.

Was hat Sie überrascht?

Es gab Besonderheiten, die hätte ich so nie vermutet. Zum Beispiel, dass es bei einer derartigen Finanzkraft so viele ungelöste Probleme gibt. Als 2009 der Stadtverordnete Diethard Joppich (FDP) als erster zu mir kam und sagte "Du musst Dich mal um das Feuerwehrgerätehaus kümmern", habe ich gesagt, "Didi, willst du mich veralbern?". Zu der Zeit waren die Fakten längst bekannt, aber in der Politik nie diskutiert worden. Diese Art, Politik zu machen, hat mich überrascht, das kenne ich aus anderen Ecken anders. Da sollte sich Politik überlegen, ob sie so weiterarbeiten will. Vor allem, wenn noch mal 1,4 Millionen aus dem Finanzausgleich fehlen.