Bilanz: Zwei Jahre kämpften die Kwolls gegen die Stadt - Nun ist der Straßenausbau am Cronsberg beendet

Erschöpfung, aber auch Erleichterung machen sich im Gesicht von Franziska Kwoll breit, wenn sie den Cronsberg in Reinbek entlang schlendert. Nur noch die Warnpfosten am Straßenrand - Überbleibsel der Dauerbaustelle - erinnern sie daran, welch erbitterten Kampf die 147 Anwohner der Straßen Cronsberg und Rosenstraße in den vergangenen zwei Jahren geführt haben. Ein Streit, in dem sich Politik, Bauamt und Bürgerinitiative monatelang einen regen Schlagabtausch darum lieferten, ob und wie beide Straßen saniert und ausgebaut werden sollten. Zwei der Anwohner standen in diesem Hin- und Her stets im Mittelpunkt: das Rentnerehepaar Franziska und Dieter Kwoll.

Verzweiflung über die hohe Kostenbelastung

"Als ich einer Nachbarin beim Sammeln von Unterschriften davon erzählte, dass einige Tausend Euro für den Straßenausbau auf sie zukommen, begann sie fürchterlich zu weinen. Sie stand völlig verzweifelt vor mir", erzählt Dieter Kwoll. Es sind die schmerzhaften Erinnerungen, die ihm vom Kampf gegen die Baumaßnahme noch besonders lebendig im Gedächtnis geblieben sind. Er war einer der ersten, der mit Hilfe einer Unterschriften-Aktion ein klares Votum der Bürger an die Politik richtete. Noch immer scheint die Zeit der Unsicherheit unter den Anwohnern ihn zu bedrücken.

Vom Informationsabend zum Anwohneraufstand

Begonnen hat alles mit einem Informationsabend des Bauausschusses im September 2011. Dort informierte Bauamtsleiter Sven Noetzel die Anwohner darüber, dass der Ausschuss nicht nur die Sanierung der maroden Fahrbahnen am Cronsberg und der Rosenstraße beschlossen habe. Sondern darüber hinaus sollten auch die Gehwege grundsaniert, die Fahrbahn verbreitert und die Straßenführung verlegt werden. Ein externes Planungsbüro hatte einen ersten Entwurf im Auftrag der Stadt bereits erstellt. Kostenschätzung: 660 000 Euro. Bis zu zwei Drittel davon sollten die Anlieger anteilig tragen - so sieht es die Reinbeker Straßenbaubeitragssatzung vor.

"Wir konnten es nicht glauben", sagt Franziska Kwoll. "Über unsere Köpfe hinweg wurden Dinge entschieden, die zum größten Teil von uns bezahlt werden. Demokratie stelle ich mir anders vor", resümiert die 66-Jährige. Nicht nur sie war empört, auch andere Anwohner zeigten sich aufgebracht und gründeten eine Bürgerinitiative, um sich für die kostengünstigere Sanierung der Fahrbahn und gegen den Ausbau einzusetzen.

Angetrieben von der Sorge um horrende Geldbeträge, besuchten sie regelmäßig und zahlreich die städtischen Ausschüsse - ein immenser Zeit- und Kraftaufwand. "Wir wollten Druck machen, damit man uns zuhört", erzählt Dieter Kwoll, reibt sich erschöpft die Augen und blickt enttäuscht aus dem Fenster. Viele Abende habe er damit verbracht, Dokumente zu durchforsten. "Immer wieder hat die Stadt irgendwelche Argumente vorgebracht, weshalb der Straßenausbau zwingend erforderlich sei, und immer wieder konnten wir diese widerlegen", sagt der 68-Jährige.

Geschwächt wirkt sein Kampfgeist heute nicht, aber die hitzigen Diskussionen mit der Verwaltung sind auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen. "Ich hatte das Gefühl, die spielen mit uns", erzählt der pensionierte Lehrer. "Wir sind enttäuscht von den Politikern, die in unserem Namen Entscheidungen treffen sollten und uns stattdessen übergangen haben." Trotzdem zwang sich das Ehepaar dazu, weiterzumachen, sorgte für regelmäßige Versammlungen der Anwohner. "Aufgeben passt einfach nicht zu uns", sagt Franziska Kwoll mit Nachdruck und beginnt herzlich zu lachen. Das erste Mal an diesem Vormittag.

Ein Beinahe-Erfolg und die bittere Enttäuschung

Gesetzestexte, Richtlinienkataloge - alles Mögliche haben die Anlieger, angeführt von den Kwolls, bis zuletzt herangezogen, um den teuren Ausbau zu verhindern. Dann endlich: In einer Bauausschusssitzung im August 2012 stimmten fast alle Fraktionen nun doch gegen die Ausbaupläne, denn auch unter den Politikern gewannen die Zweifel Überhand. Und die Kwolls wagten wieder zu hoffen, glaubten, ihre Arbeit hätte Früchte getragen. Doch die Freude hielt nicht lang. Denn nur wenige Monate später folgte der Dämpfer: Der Straßenausbau wurde letztlich beschlossen, und die Arbeit der Anwohner schien an diesem Punkt vergeblich.

Bauarbeiten zogen sich über viele Monate

Doch hier endet die Geschichte nicht. Zwar hatte die Stadt angekündigt, dass die Rosenstraße im Juli asphaltiert werden sollte. Doch nichts geschah. Monatelang lebten die Anwohner auf einer Baustelle, auf der nur sporadisch gearbeitet wurde. "Über ein halbes Jahr konnten die Leute nicht in ihre Garagen, geschweige denn auf der Straße fahren", sagt Franziska Kwoll. Für die Älteren sei dies zu einer großen Belastung geworden.

Erneut lieferten sich die Kwolls einen wuterfüllten Briefwechsel mit dem Bauamt. Das wies die Schuld von sich. Die beauftragte Baufirma habe ihre Terminplanung nicht im Griff, hieß es vonseiten der Stadt. Noch bis Anfang Dezember wechselte sich Baulärm regelmäßig mit gähnender Leere an der Baustelle ab. "Und wir Bewohner wurden im Ungewissen gelassen", sagt Dieter Kwoll.

Mittlerweile sind die Bagger abgezogen, die Straße ist fertig ausgebaut. Geblieben sind nur die Warnpfosten. Für die Kwolls das ersehnte Ende einer langen Odyssee. Die Rechnung folgt noch.