Glücksmoment: Ein junges Paar bringt fern der Heimat ein Kind zur Welt, voller Hoffnung auf Frieden

Ein wenig ähnelt ihre Geschichte der biblischen Erzählung von Maria und Josef. Ein junges Paar, das ein Kind erwartet, begibt sich auf die Reise in ein fernes Land. Auf ihrem Weg bringt Maria ihren ersten Sohn zur Welt - wie es weiter geht und wo sie ihr erstes Kind aufziehen können, wissen die Eltern nicht. Auch die 19-jährige Kasso und ihr Ehemann Hussein (26) aus dem Irak haben sich auf eine Reise begeben. Seit vier Monaten leben sie im Asylbewerberheim in Wentorf. Nun hat die junge Kasso neun Tage vor Heiligabend einen Sohn zur Welt gebracht - in einem fremden Land, dessen Sprache sie nicht versteht.

Auch diese jungen Eltern wissen nicht, wohin ihre Reise geht. Denn nicht aufgrund einer Volkszählung - wie es Maria und Josef im Lukasevangelium betrifft - sind Kasso und ihr Mann Hussein aus dem Irak nach Deutschland gereist. Ihre Gründe aufzubrechen, die sind aktueller denn je: Als Jesiden, einer religiösen Minderheit der Kurden, waren sie seit dem offiziellen Ende des Irakkrieges in ihrem Heimatland verfolgt und mussten um ihr Leben fürchten. Aus einem Alltag bestehend aus Anschlägen, Hungersnot und keiner Aussicht auf Arbeit oder eine Zukunft flüchtete das Pärchen. Kasso war damals im vierten Monat schwanger. "Mein Bruder lebt seit elf Jahren in Dortmund, für uns war es die einzig richtige Chance", erklärt Hussein mit Hilfe einer Dolmetscherin. "Wir wussten nicht mehr weiter", sagt Kasso. Die hübsche junge Frau mit den feinen Gesichtszügen und den dunklen Haaren sitzt neben ihrem Mann im Wochenbett eines Hamburger Krankenhauses und hält ihr Baby vorsichtig im Arm. "Er heißt Alikci", sagt sie stolz und streichelt ihrem Sohn behutsam über den Schopf.

"Ich habe sie zum ersten Mal gesehen, als ich mit dem Auto an ihrem Haus vorbeigefahren bin", erzählt Hussein von Kasso. "Sie saß auf einer Treppe und ich habe mich sofort verliebt", sagt der 26-Jährige und sieht seine Frau liebevoll an. Sie lächelt zurück. In diesem Moment wirken sie wie ein ganz normales Paar, wie junge glückliche Eltern.

Doch die Freude verblasst schnell in ihren Gesichtern, sobald sie sich an die weite Reise aus ihrer Heimatstadt im Nordirak bis nach Deutschland erinnern. "Ich hatte große Angst um meine Frau und unser Kind, es war sehr gefährlich und eine große Verantwortung", sagt Hussein. Ihre Flucht verlief über Istanbul durch Osteuropa zunächst bis nach Bremen, dort fanden sie einen Schlafplatz in einem Asylbewerberheim. Nach einer Nacht schickte sie der dortige Heimleiter in eine andere Unterkunft nach Münster. Auch dort konnten sie nur für vier Wochen unterkommen, man leitete sie weiter nach Wentorf.

Auf welchem Weg die beiden nach Europa gekommen sind, wollen sie nicht sagen. Doch man sieht ihnen an, dass ihre Flucht vor politischer Verfolgung einer Tortur glich.

Immer wieder blicken die beiden traurig aus dem Fenster, sie vermissen ihre Familien. Denn auch Husseins Bruder kann nicht helfen. Und so teilt sich das Paar seitdem ein kleines Zimmer im Asylbewerberheim in Wentorf. Toilette, Bad und Küche nutzen sie gemeinschaftlich mit den anderen Bewohnern. "Es wird schwerer dort mit einem Baby zu leben", erklärt Kasso. Am Wichtigsten sei ihnen deshalb ein angemessener Wohnort. Auch arbeiten und die Sprache lernen will das Paar. Als Menschen mit einem Asylanerkennungsverfahren dürfen sie sich nur in einem bestimmten Radius frei bewegen und auch eine Erwerbstätigkeit ist in diesem Stadium verboten.

"Erst wenn sie Asyl gewährt bekommen, dürfte das Paar eine Wohnung mieten. Bis dahin müssen sie in der Unterkunft bleiben, denn auch die Stadt hat keine Kapazitäten", erklärt Imke Schaft aus dem Wentorfer Rathaus. Wenigstens eine kleine Freude konnte die Gemeinde den jungen Eltern machen: "Wir haben das Paar mit Babysachen, Kleidung und einem Kinderwagen ausgestattet. Zusätzlich trägt die Gemeinde die Kosten für eine Hebamme, die das Paar betreut."

Ob die kleine Familie jedoch in Deutschland bleiben kann, muss noch entschieden werden. Kasso will all die Strapazen als schwangerer Flüchtling aber nicht umsonst auf sich genommen haben. "Ich wünsche mir, dass unser Sohn die gleiche Bildung und die gleichen Rechte bekommt, wie jedes andere normale Kind. Er soll sicher aufwachsen können." Doch sicher ist nur wenig und die Zukunft ihres kleinen Sohnes ungewiss.