Rollentausch: Am Gymnasium stellen sich Lehrer dem Urteil ihrer Schüler - Projekt stieß zunächst auf Bedenken

Vokabeltests bestehen, Referate vortragen, Klausuren schreiben - normalerweise müssen Schüler täglich ihr Können unter Beweis stellen. Am Gymnasium Wentorf werden im kommenden Jahr einmal die Rollen getauscht. Die Mädchen und Jungen testen den Unterricht. Und das keinesfalls, um einzelne Lehrer vorzuführen oder einem Ranking zu unterziehen. Ziel soll es sein, den Unterricht langfristig zu verbessern, Transparenz herzustellen. Vielleicht kommt die Studie beispielsweise zu dem Ergebnis, dass mehr Gruppenarbeit und weniger Frontalunterricht gewünscht wird.

Bereits seit mehreren Jahren haben die Gymnasiasten den Wunsch, eine Untersuchung zu organisieren. Nun sind die Bedenken vieler Lehrer ausgeräumt, Schulleitung und Elternvertretung unterstützen das Projekt. In Abstimmung mit dem Personalrat und den Stufenleitern ist es jetzt auf den Weg gebracht. Schulleiter Hans-Joachim Mayer unterstreicht: "Ich unterstütze die Befragung, denn das Ergebnis kommt der Schule zugute. Wir haben durch die Bewertung die Möglichkeit, den Unterricht zu verbessern."

Alle Schüler der 5. bis 13. Klassen erhalten im Februar von den Lehrern einen Fragebogen, der in einigen Abstimmungsstufen ausgetüftelt wurde. Es geht dabei um die Gestaltung des Unterrichts, die Form von Klausuren, die Leistungsbewertung und auch darum, wie nachvollziehbar die Beurteilung mündlicher Leistungen ist. Der Fragebogen, der gemeinsam mit dem Personalrat erarbeitet wurde, soll die Schüler motivieren, alle Fragen sachlich zu beantworten. Und noch eine Besonderheit gibt es. Jeder Schüler wird aufgefordert, mindestens eine positive Beurteilung abzugeben. "Die Schüler zeigten viel Reife bei der Ausarbeitung", sagt Annette Reinpold, Vorsitzende des Schulelternbeirats, schon jetzt.

Ausgewertet werden die Fragebögen von den Lehrern selbst. "Wir möchten nicht, dass ein Lehrerranking entsteht", erklärt Janis Ziemann, der zum Team der 14 Schülervertreter gehört. "Dabei sind wir natürlich auf die Offenheit der Lehrer hinsichtlich der Ergebnisse angewiesen", betont er. Diese werden im Sommer vorliegen und übrigens nicht veröffentlicht. Schließlich gehe es nicht um eine Lehrerevaluation, sondern um eine Bewertung des Unterrichts, so Schulleiter Mayer. "Wir wünschen uns ein persönliches Feedback von den Lehrern", sagt Vincent van der Klugt. Der 18-Jährige ist Schulsprecher und der Kopf des Teams Solaris, wie die Schülervertretung sich nennt.

Die Schüler haben ihre ganz eigene Vorstellung von dem positiven Effekt. "Lehrer, die offen sind, werden die Ergebnisse ernst nehmen und Änderungen einleiten. Manche Lehrer werden vermutlich nicht von ihrem Pfad abweichen. Das würden wir voraussichtlich erst recht nicht ändern, wenn die Ergebnisse öffentlich werden", sagt der Schulsprecher. Eins ist dennoch sicher: Für Gesprächsstoff wird das Projekt allemal sorgen.