Lebensgeschichte: Mit 22 hatte er den Tod vor Augen, Otto Peters starb jetzt nach einem langen Leben

Als 22-Jähriger hatte der Reinbeker Otto Peters den Tod vor Augen. Im eisigen Atlantik schwamm er um sein Leben. Vor zweieinhalb Jahren erzählte er unserer Zeitung seine bewegende Geschichte. Zuletzt lebte er glücklich mit seiner Ehefrau Inge im Hochhaus am Schmiedesberg. Otto Peters, einer der letzten Überlebenden des Untergangs der Bismarck, starb jetzt im Alter von 94 Jahren.

Schiffe und Motoren hatten den Jungen von der Elbe, der in Curslack aufwuchs, von frühester Jugend an fasziniert. "Als Bauer wollte ich nicht arbeiten, die Tiere zum Schlachten bringen hätte ich nicht gekonnt", erzählte er. Peters geht zur Hanseatischen Motorengesellschaft in Bergedorf, wird Maschinenbauer. 1939 kommt die Einberufung, er wird er auf die Bismarck abkommandiert. Mit dem Kriegsschiff war er nur neun Tage auf See. Das modernstes Schlachtschiff seiner Zeit brachte Tausenden deutschen und englischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg den Tod.

Auch Peters hätte es fast nicht geschafft. Er war auf seinem Posten, acht Meter tief im Rumpf, als am 27. Mai 1941 Granaten das Schiff treffen. Er kämpft sich in absoluter Dunkelheit durch Kabelschächte und halbverklemmte Schotten ans Deck. Er sieht viele Tote. Gruppen von Menschen schwimmen im Wasser. Windstärke neun peitscht die See auf. "Beim zweiten Brecher bin ich hinausgetragen worden. Mein erster Gedanke war, ich muss weg vom Schiff."

Er ist ein guter Schwimmer, mobilisiert alle seine Kräfte. "Ich hatte keine Angst. Ich wollte überleben und meine Mutter und mein Mädchen wiedersehen." Zwei Stunden treibt er im Meer. Plötzlich sieht er eine Schiffsilhouette. Als er die englische Flagge auf dem Kreuzer "Dorsetshire" erkennt, denkt er erst, "jetzt ist alles aus! - Ich hatte Angst, dass sie auf uns schießen". Als er vorsichtig näher schwimmt, erkennt er unzählige Taue. Auf dem Scheitelpunkt einer Welle will er sich an eines der Seile hängen. "Ich dachte, es geht ganz leicht, doch dann merkte ich, dass es nur noch die Schwimmweste war, die mich über Wasser hielt. Ich hatte kaum noch Kraft." Die hohen Wellen treiben ihn fast bis zur Bordkante hoch, reißen ihn aber auch immer wieder von der Schiffswand weg. Die Finger sind eingefroren. Immer wieder entgleitet das Seil. Beim dritten Mal schlingt er es um den Oberschenkel. Als die Welle ihn hochtreibt, zieht er es ganz fest. Zwei Matrosen ziehen ihn an Deck. In den Mannschaftsräumen bekommt er eine Decke und warme Kleidung. Von 2252 Mann Besatzung werden 117 gerettet, Peters ist darunter.

Er kommt in kanadische Kriegsgefangenschaft. "Die Behandlung war fair", erinnerte er sich. Mit guten Englischkenntnissen kommt er nach dem Krieg zurück nach Bergedorf, baut für die späteren Hauni-Werke in der ganzen Welt Maschinen auf. Nicht zur Freude seiner Verlobten, sie zieht einen Sesshaften vor. Beide soll das Schicksal 1993 als Witwer und Witwe wieder zusammenführen. Auf dem Atlantik macht er ihr einen Heiratsantrag, der 2000 besiegelt wird. "Wir hatten nicht gehofft, dass wir noch so viele gemeinsame Jahre haben", sagte Peters damals.