Flüchtlinge: Junge Reinbeker dokumentieren in einem Film das Leben der geflohenen Afrikaner in Glinde

Zoiber Abobaker ringt um Fassung. "Wir sind einfach nur gerannt. So wie wir waren, nur mit unseren Kleidern am Leib", schildert er vor der Kamera. Als die Nato Luftangriffe über Libyen flog, musste der 40-Jährige fliehen. Bis dato hatte er als Mechaniker in Libyen gearbeitet, um seine Frau und drei Kinder in der Heimat Niger zu ernähren. Abobaker floh mit dem Boot auf die italienische Insel Lampedusa. Er sagt: "Eines werde ich nie vergessen: die 15-stündige Überfahrt mit den vielen Toten - und die vielen kleinen Kinder darunter."

Doch der Film "Von Afrika bis Glinde - 2299 Kilometer von zu Haus" zeigt auch, wie langsam wieder Lebensfreude in seinen Alltag kommt. "Glinde ist einfach toll", schwärmt er lächelnd. "Super, die Unterstützung!" In nur vier Stunden hätten die Flüchtlinge in Glinde Kleidung, einen Schlafplatz und sogar Shampoo erhalten. Er wolle seinen Namen ändern: "Ich heiße jetzt Zoiber Abobaker Glinde!"

Manchmal reicht ein nur sieben Minuten langes Interview, um ein Schicksal zu erklären. Macher dieses Meisterwerkes sind die Reinbeker Lukas Güldenstein (18), Hendrik Pommerening (18) und Frederik Brand (19). Auf Anregung von Juz-Leiter Michel Richter-Brehm begleiteten sie die elf Flüchtlinge in den vergangenen drei Wochen. Ihr Film zeigt nicht nur das Interview, sondern auch Momentaufnahmen aus dem täglichen Leben der zwischen 20 und 40 Jahre alten Männer aus Ghana, Mali, Nigeria und der Elfenbeinküste. Er dokumentiert beispielsweise, wie sie durch regelmäßiges Fußballspielen wieder so etwas wie Stabilität erfahren.

Denn seit zwei Jahren besteht ihr Leben nur aus Flucht. Ursprünglich in Italien gestrandet, kamen sie nach Hamburg, weil sie in Italien auf der Straße lebten. Anfang Juni nahm die Islamische Gemeinde die Afrikaner in der Glinder Moschee auf. Jetzt leben sie im Glinder Togohof. Alle haben bereits eine Aufenthaltserlaubnis beantragt und hoffen auf eine schnelle, positive Entscheidung. "Ich möchte hier arbeiten", sagt Zoiber Abobaker.

"Viele Reinbeker wissen nicht, dass Flüchtlinge in Glinde leben und warum. Wir wollten darüber aufklären", sagt Lukas Güldenstein, verantwortlich für den Ton im Film. "Es ist auch wichtig, dass man auf die Afrikaner zugeht, mit ihnen spricht", meint Interviewer Frederik Brand. Und Kameramann Hendrik Pommerening sagt: "Die Afrikaner haben heute für uns gekocht. Nach dem Essen schauen wir uns Bands an. Es ist wichtig, gemeinsam etwas zu unternehmen." Keine Berührungsängste hatten ebenfalls die 200 Gäste, die das Jugendzentrum bei dem Solidaritätskonzert füllten. Sechs Bands der Region rockten gratis die Bühne.

Mustafa Tepe aus dem Vorstand der Islamischen Gemeinde Reinbek-Glinde ermuntert dazu, die Afrikaner, die Französisch, Englisch, Italienisch und Arabisch sprechen, zu besuchen: "Sie lernen jetzt auch Deutsch."