Berliner Viertel: Mieterinitiative kämpft gegen Ausverkauf ihrer Wohnungen

Einen Ausverkauf ihres Viertels - den befürchten Bärbel Hass, Ernst Eggers, Uwe Kelling und Kurt Reincke. "Die Investoren wollen nur ihre Renditen und wir Mieter müssen dafür bluten", sagt Bärbel Hass, Sprecherin der Mieterinitiative des sogenannten "Berliner Viertels" rund um die Berliner Straße. Betroffen sind neun Mietblocks mit 174 Wohnungen, die jetzt saniert werden und verkauft werden sollen. Seit diesem Herbst bietet die Deutsche Immobilien Invest GmbH die Wohnungen zum Verkauf an. Die großen Schilder stehen an der Berliner Straße.

Die Sanierung hatte die Verwaltung, die Allgemeine Vermögensverwaltung GmbH (AVV), samt pauschaler Mieterhöhung von elf Prozent per Brief angekündigt.

"Gegen die Sanierung ist ja nichts einzuwenden", stellt Hass fest. "Die Wohnungen wurden vor fast 50 Jahren gebaut, seitdem ist kaum etwas gemacht worden. Aber so eine pauschale Erhöhung akzeptieren wir nicht." Die Initiative befürchtet eine Verdrängung der alten Mieter. "Was machen wir, wenn die Wohnungen jetzt einzeln verkauft werden und wir die Miete nicht mehr zahlen können oder die Eigentümer dort selbst einziehen wollen? Wo sollen wir dann hin?" Das Problem: In der Stadt gibt es kaum bezahlbare Mietwohnungen. "Der soziale Wohnungsbau ist in Reinbek ins Hintertreffen geraten", stellt Uwe Kelling fest. Jetzt fordert die Mieterinitiative Unterstützung von der Politik. "Die Politiker können doch nicht tatenlos zusehen, wie wir heimatlos werden", sagt Hass.

Ernst Eggers hatte kurz überlegt, das angebotene Sonderkaufrecht für seine Wohnung anzunehmen: Drei Zimmer für 120 000 Euro. "Aber was würde ich meiner Tochter da hinterlassen?" fragte der 70-Jährige. "Wir haben alte Leitungen und Asbestböden." Auch über einen Wohnungswechsel hat er schon nachgedacht. Immerhin sollen die Mieten von jetzt 6,50 Euro pro Quadratmeter auf neun bis zehn Euro steigen. "Am Glinder Weg werden gerade neue Wohnungen gebaut - für zehn Euro pro Quadratmeter", berichtet Eggers. "Aber wenn ich mal nicht mehr bin, wird das für meine Frau zu teuer."

Der Handwerker im Ruhestand kann die Geschäftspolitik des Eigentümers nicht verstehen. "Scheinbar kann man mit leeren Wohnungen mehr verdienen: 20 bis 25 stehen leer - teilweise seit fünf Jahren", hat er beobachtet.

Viele Ältere könnten solche zermürbenden Streitereien nicht mehr ertragen, die ersten seien bereits weggezogen - meist ins Seniorenheim. "Das wollen die wohl", sagt Eggers. "Wir fragen uns nur: Was kommt als Nächstes auf uns zu?"