Druckreif: Buchwochen an der Grundschule Mühlenredder

Es ist ganz still in der Klasse. Viertklässler sitzen konzentriert über ihren Schreibblöcken. Die Neun- bis Elfjährigen büffeln nicht etwa über Mathe- oder anderen kniffeligen Aufgaben. Sie schreiben romantische Zeilen wie "Tim liebt Nina". Über ihnen baumeln rote Herzen an einer Wäscheleine. Darauf steht "Kribbeln im Bauch", "Liebeskummer" oder "romantisch". An der Tafel prangen umrahmt von roter Kreide alle möglichen Liebespaar-Konstellationen. Ziel des Unterrichts ist es, dass jedes Kind eine eigene Geschichte verfasst, die in einem Buch veröffentlicht wird. Wie auch Lillys von einer Frau, die gerne einen Freund haben möchte. Aber erst an einer neuen Schule funkt es: "Da sieht sie ihn und es ist Liebe auf den ersten Blick", sagt die Zehnjährige mit großen Augen.

276 Kinder lassen zurzeit in der Grundschule Mühlenredder ihrer Fantasie freien Lauf. Dabei geht es nicht nur um das Thema Liebe. Die Nachwuchsautoren wandeln auf den Spuren von Marco Polo, lassen sich im Keller gruselige Geschichten einfallen. Die Erst- und Zweitklässler bringen Zeilen über Gespenster, Tiere, Seeräuber und Märchenfiguren zu Papier.

Jeder Grundschüler schreibt eine Geschichte

Alle vier Jahre stehen die Schulbuchwochen in der Grundschule Mühlenredder auf dem Stundenplan. "Diesmal ist es das dritte Mal", sagt die kommissarische Schulleiterin Karen Schmedemann. Zwei Bücher mit den gesammelten Geschichten sind bereits über die Elbewerkstätten verlegt worden. "Allein in einem Boot" und "Vom All bis Zeus" waren die ersten Titel der Schulbuchserie. Etwa 350 gedruckte Exemplare sollen auch diesmal zum Selbstkostenpreis verkauft werden.

"Dass die Kinder ihre eigenen Geschichten in einem Buch veröffentlicht sehen, ist eine wunderbare Möglichkeit, sie zum Schreiben zu motivieren", schwärmt Schmedemann von dem Projekt. Dabei werden die Kinder nicht einfach so mit Schrift und Mappe allein gelassen. Lehrer regen mit Spielen und Bastelaktionen die Fantasie der Kinder an, bearbeiten und analysieren mit den Kindern in "Schreibwerkstätten" die Texte. Autoren führen die Nachwuchs-Literaten mit Lesungen in die Welt der Bücher ein und geben Tipps, wie man Schreibblockaden überwindet. Wie sie mit "Schneeflocken-Systemen" oder Worttrauben zum eigenen Text kommen. Auch Lea (9) hat eine Schneeflocke in ihr Heft geklebt. Im Zentrum steht eine Idee. Drum herum gefaltet und beschriftet werden die Details und Personen. Lea (9) erzählt von "Conni", die im Tierheim eine süße Katze sieht.

Kostproben der kleinen Literaten können Interessierte heute beim "Wortfest" im Schloss erleben. Ab 17 Uhr lesen Kinder und später Erwachsene.