Prozess: Richterin verhängt neun Monate auf Bewährung für den Täter, Auflagen und Geldbuße für Komplizen

Falsche Freunde, viel freie Zeit und eine große Portion Dummheit und Naivität. Das brachte drei junge Männer aus Glinde, Oststeinbek und Reinbek gestern auf die Anklagebank des Amtsgerichts Reinbek. Im April überfielen Viktor M.*, Andreas B.* und Mohammed S.* sowie ein vierter Täter, der bereits verurteilt worden ist, eine Tankstelle in Neuschönningstedt. Dabei bedrohten sie den Kassierer und eine Mitarbeiterin mit einer Gaspistole und einem Fleischerhammer.

Deshalb mussten sie sich jetzt wegen schweren Raubüberfalls vor Gericht verantworten. Weil Andreas B. und Mohammed S. zur Tatzeit noch keine 18 Jahre alt waren, Viktor M. zudem zwar volljährig ist, aber noch bei den Eltern und ohne eigenes Einkommen lebt, wurde nach dem Jugendstrafrecht verhandelt. Daher wurden ihnen Pflichtverteidiger zur Seite gestellt und Jugendschöffen urteilten gemeinsam mit Richterin Ute Schulze-Hillert.

Die Richterin ließ sich von den Angeklagten ihre Rollen beim Überfall schildern. Während Andreas B. gemeinsam mit dem bereits verurteilten Haupttäter maskiert und bewaffnet den Überfall beging, wartete Viktor M. im Fluchtauto auf sie. Der Glinder wurde zudem gleich für weitere fünf Einbrüche kurz nach dem bewaffneten Raubüberfall verurteilt. Mohammed S. sollte während des Überfalls gegenüber der Tankstelle Schmiere stehen und melden, wenn die Luft rein ist.

Christian Simpson von der Jugendgerichtshilfe schilderte, welche Eindrücke er vorab in Gesprächen von den Dreien gewonnen hatte. Bei Viktor M., der selbst eine Arbeit oder eine Ausbildungsstelle sucht, sah er beengte Wohnverhältnisse und arbeitslose Eltern. Schwierige kulturelle Veränderungen attestierte er Andreas B., der mit seinem Umzug von Istanbul nach Deutschland 2004 nicht einverstanden war und bisher ebenfalls weder Job noch Ausbildung gefunden hat. Mohammed S., der seit August eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolviert, hatte sich hingegen von Freunden mitreißen lassen. Dies alles könnte die Taten beeinflusst haben, so Simpson. Kriminelle Neigungen sah der Jugendexperte aber bei keinem. Staatsanwältin Britta Berkenbusch plädierte für je 200 gemeinnützige Arbeitsstunden für Andreas und Viktor und für Mohammed für eine Geldstrafe von 600 Euro. Dem schlossen sich die Verteidiger an.

Aber die Richterin kam zu einem anderen Urteil: Aufgrund der Schwere der Schuld erhielt Andreas B. eine neunmonatige Jugendstrafe - allerdings auf Bewährung. Zudem muss er 100 Arbeitsstunden leisten. Zwar habe er seine Tat bedauert, aber die Überwachungskamera zeige die Angst der Opfer. Berücksichtigt wurde, dass er geständig, beim Überfall weder federführend noch vorbestraft war.

Für Mittäter Viktor M. gab es eine Arbeitsauflage von 150 Stunden, für Mohammed S. eine Geldstrafe von 600 Euro. Unter Androhung von Beugehaft mahnte die Richterin: "Werden Sie nicht mehr straffällig!"

*Name geändert