Demografie: Seniorenbeirat macht Politikern in Sachen “Wohnen im Alter“ Dampf

. "Es muss endlich etwas passieren", ist Dr. Heinz-Dieter Weigert sicher. Der Vorsitzende des Seniorenbeirates Reinbek hat jetzt den Politikern ordentlich Dampf gemacht. Dass sich in Sachen "Wohnen im Alter" in den vergangenen Monaten rein gar nichts getan hat, kann er nicht verstehen. "Es steht fest, dass rund 95 Prozent aller Menschen im Alter nicht in einem Heim wohnen möchten. Aber sehr viele Alternativen haben sie derzeit in Reinbek nicht", sagt der 63-Jährige.

Für ihn sind Konzepte attraktiv, in denen Menschen gemeinschaftlich, aber trotzdem eigenständig älter werden können. "Jeder könnte beispielsweise seine eigene Wohnung oder seinen eigenen Bereich haben, gemeinsam teilt man sich bei Bedarf Betreuer und Pfleger, trifft sich in Gemeinschaftsräumen", so Weigert. Ein Thema, bei dem er auch an die heute 40- bis 50-Jährigen, die Alten von morgen, denkt. Auch für sie habe die Stadt die Verantwortung.

Seinen Ansatz verfolgt auch die Bertelsmann-Stiftung, die sich beispielsweise in der Studie "Leben und Wohnen im Alter" nur mit diesem Thema beschäftigt hat. Aktuelle Erhebungen zeigen: "In Reinbek werden sich bis 2030 alle Altersklassen rückläufig entwickeln und nur die über 80-Jährigen deutlich zunehmen. Im Kreis Stormarn wird sich die Anzahl der über 80-Jährigen sogar fast verdoppeln", unterstreicht Wolfgang Wähncke, Project Manager bei der Bertelsmann-Stiftung.

Anfang des Monats war er Referent bei einer Fachkonferenz für Bürgermeister in Kiel. Das Thema: "Gutes Leben im Alter auf dem Land - Wie kann aktives Altern in der Kommune gelingen?" Von der Atmosphäre und der Gesprächsbereitschaft der Teilnehmer war Wolfgang Wähncke begeistert, besonders vom Engagement der schleswig-holsteinischen Sozialministerin Kristin Alheit. "Alle waren bei dem Thema mit sehr viel Herzblut dabei", so der Experte aus Gütersloh. Dennoch weiß er, dass es generell bei dem Thema noch sehr viele dicke Bretter zu bohren gilt.

Erfahrungsgemäß komme meist dann Schwung in die Sache, wenn Bürgermeister den Komplex Seniorenwohnen zur Chefsache erklärten. Dass die Stadt Reinbek diesbezüglich sensibilisiert ist, hat Dr. Heinz-Dieter Weigert bereits festgestellt. Nur von der Politik fühlt er sich im Stich gelassen.

Doch die Zeit drängt. Laut der Zahlen, die die Bertelsmann-Stiftung für Reinbek berechnet hat, wird die Stadt nicht nur immer älter, sondern schrumpft auch. "Nach unseren Prognosen wird Reinbek bis 2030 ungefähr fünf Prozent seiner Einwohner verlieren. Zurück bleiben dann meist die Älteren, die in großen Ein- und Zweifamilienhäusern leben."

Wer kümmert sich dann um diese vielleicht allein lebenden oder unterstützungsbedürftigen älteren Menschen in ihren viel zu großen Häusern? Wie kann man außerfamiliäre Netzwerke schaffen? Wie begegnet man dem Fachkräftemangel in der Pflege und der Tatsache, dass die jüngere Generation nicht mehr in der Nähe ihrer Eltern wohnt? All diese Fragen wirft die Bertelsmann-Stiftung als Gedankenanstoß auf. Die Antworten muss Reinbek in den kommenden Jahren selbst finden.