Umweltsauerei: Geplatzte Leitung schwemmt Abwasser aus dem Krabbenkamp direkt Richtung Bille

Vielen Wohltorfern stinkt es gewaltig. Und das schon seit Längerem. "Seit Jahren riecht es bei uns bei Nordost-Wind sehr stark. In diesem Jahr war es im Sommer besonders schlimm", erzählt Klaus Schröder, Anwohner der Eichenallee. Gülle-Felder, Kadaver, Gemüffel aus den Gullys - all das hatte sein Nachbar René Sumera als möglichen Grund angenommen. Seit Freitag kennen die Männer die wahre Ursache und sprechen jetzt schlicht von einem "Umweltskandal". Mitten im Naturschutzgebiet ist eine 350 Meter lange Abwasserleitung geplatzt, die den Reinbeker Stadtteil Krabbenkamp an das Netz des Abwasserverbandes Herzogtum Lauenburg anschließt.

Herausgekommen ist das durch puren Zufall. Bei einem Gespräch unter Nachbarn hatte Lieselott Sumera (79) die Vermutung geäußert, dass eine Baustelle nur wenige Hundert Meter entfernt etwas mit dem Geruch zu tun haben könnte. Wurde dort nicht seit Monaten an einem Rohr gebastelt? "Plötzlich hat es Klick im Kopf gemacht. Ich erinnerte mich an ein Hinweisschild, das direkt an der Bille auf einen Düker hinwies. Ich hatte es vom Boot aus gesehen", erzählt Klaus Schröder. Demnach verlief mitten durch das Naturschutzgebiet eine Abwasserleitung.

In Gummistiefeln und Blaumann ging er direkt hinter seinem Haus im Wald einfach mal der Nase nach - mitten durch mannshohe Brennnesseln und über Baumstümpfe hinweg. Das, was er nach rund 300 Metern entdeckte, raubte ihm den Atem. "Ich sah eine einzige Katastrophe, einen Springbrunnen voll von Fäkalien", erzählt der 56-Jährige. Seine Nachbarin hatte den richtigen Riecher gehabt.

Binnen weniger Stunden rollte eine regelrechte Lawine an. Als erstes alarmierte der Wohltorfer die Polizei Aumühle. In Gummistiefeln machte sich Polizist Klaus Freyer zum Tatort auf und handelte sofort. Er alarmierte Mitarbeiter des Abwasserverbandes und einen Mitarbeiter des Fachdienstes Wasserwirtschaft des Kreises Ratzeburg. Letzterer ordnete vor Ort, im Angesicht der Sauerei, sofort an, dass ein Schieber im Kanalnetz geschlossen wird, damit nicht noch mehr Abwasser aus dem Krabbenkamp ungehindert ins Naturschutzgebiet fließt und gleichzeitig Abwasser aus Wentorf Richtung Krabbenkamp drückt. Derzeit fahren Tankwagen das Abwasser aus dem Krabbenkamp ab. Wie lange, ist die große Frage, denn das Leck im schwer zugänglichen Überflutungsgebiet zu finden, ist keine einfache Aufgabe, erklärt Thomas Link vom Reinbeker Tiefbauamt.

Er wusste bereits seit Langem von dem Geruchsproblem. Anwohner hatten sich gemeldet und sich beschwert. "Die Angaben waren aber so schwammig, dass wir damit die Ursache nicht finden konnten", sagt Thomas Link. Er geht nun davon aus, dass das Rohr vermutlich seit Längerem einen unentdeckten Riss hat, macht für das endgültige Platzen jedoch den Abwasserverband verantwortlich. "Das Problem ist, dass der Schieber dicht gemacht wurde, daraufhin ist die Leitung geplatzt."

Wentorfs Bürgermeister Matthias Heidelberg stellt für den Abwasserverband Herzogtum Lauenburg klar: "Die Mitarbeiter haben am Freitag auf Anordnung des Kreises gehandelt, da war die Leitung ja schon geplatzt." Er fügt hinzu: "Diese Maßnahme wäre nicht mal erforderlich gewesen, wenn die Stadt Reinbek nicht vor Monaten ohne Absprache mit dem Abwasserverband ein Rückschlagventil an diesem Rohr entfernt hätte." Anwohner Klaus Schröder ist sicher: "Der Ausbau des Ventils zugunsten eines Schiebers ist der Grund dafür, dass es hier im Sommer so richtig anfing zu stinken. Da floss ja plötzlich viel mehr durch."

Wentorfs Bürgermeister betont, dass der Abwasserverband die für das Rohr verantwortliche Stadt Reinbek schon im Juni darauf hingewiesen habe, dass die Geruchsbelästigung darauf hindeute, dass etwas ganz und gar nicht stimme. "Wir haben die Leitungen untersucht, aber nichts gefunden", sagte hingegen Reinbeks Verwaltungsmitarbeiter Thomas Link gestern auf Nachfrage unserer Zeitung.

Fest steht: Das Rohr ist nicht erst vor wenigen Tagen geplatzt. Der Kreis Herzogtum Lauenburg bestätigt, dass die Ablagerungen im Naturschutzgebiet eindeutig darauf hinweisen, dass dort schon seit Langem Abwasser in die Natur und in die Bille fließt. Derzeit sucht eine Firma mit Klappspaten fieberhaft nach dem Leck. Klaus Schröder und René Sumera hoffen, dass der Wind so schnell nicht mehr auf Nordost dreht.