Ausbildungsmarkt: 50 Firmen, Verbände, Verwaltungen und Organisationen stellen sich Fragen-Marathon

. Langeweiler, Kaffeetrinker oder Paragrafenreiter - diese Vorurteile spuken noch in vielen Köpfen, wenn es um Arbeitsstellen in der Verwaltung geht. Dass genau dort jedoch hochinteressante und abwechslungsreiche Berufe warten, machten gestern die Auszubildenden der Reinbeker Stadtverwaltung den Schülern deutlich, die sich beim fünften Reinbeker Ausbildungsmarkt über Jobangebote informierten. Von 9 bis 15 Uhr tummelten sich auf Einladung der Stadt Reinbek und des Verbands der Südholsteinischen Wirtschaft (VSW) 1100 Schüler aus der Region an 50 Ständen im Sachsenwald-Forum. Das Ziel: Kontakte knüpfen, Ansprechpartner finden und mit Firmen ins Gespräch kommen.

An vielen Infoständen hatten die Schüler Gelegenheit, mit jungen Leuten zu sprechen, die bereits eine Ausbildung machen - umso direkter fielen die Antworten aus. "Um ehrlich zu sein, habe ich auch früher gedacht, dass Verwaltung eher langweilig ist", gibt Patrick Biegemann (17) zu. Doch die Arbeit im Reinbeker Rathaus hat ihn schnell überzeugt. Besonders gefällt ihm der Bereich des Ordnungsamtes. Mit erfahrenen Mitarbeitern hat er auf Baustellen nach dem Rechten gesehen, eine Politesse begleitet und Gespräche mit den Verkehrsbetrieben geführt, wenn Busse umgeleitet werden mussten. Beim Seifenkisten-Rennen nahm seine Ausbildung dann richtig Fahrt auf. Der 17-Jährige gab in der Seifenkiste Gas, die die Stadtverwaltung bei Reinbeks 775. Stadtgeburtstag ins Rennen geschickt hatte. Das Ergebnis: 3. Platz.

Mit schnellen Flitzern kennt sich auch Friedrich von Bülow aus. Der 18-Jährige, der an der Sachsenwaldschule auf der Zielgeraden zum Abitur ist, hatte zusammen mit Schulkameraden bei der Weltmeisterschaft des Wettbewerbs "Formel 1 in Schools" in Abu Dhabi mit einem Modellauto den vierten Platz gemacht. Die Arbeit in diesem Schulprojekt hat ihm so viel Spaß gemacht, dass er nun Maschinenbau studieren möchte. Gestern war er zielgerichtet an den Ständen unterwegs, um regionale Firmen zu suchen, bei denen er sein sechswöchiges Vorpraktikum machen kann. "Ich habe mir vorher überlegt, wer interessant sein könnte und habe die Firmen angesprochen."

Ähnlich strategisch ging auch Jan-Henning Lescow vor. Der 15-Jährige besucht die Gemeinschaftsschule in Glinde und möchte ab 2014 eine Ausbildung zum Industriemechaniker machen. "Sieben Bewerbungen habe ich nach den Ferien abgeschickt, hier habe ich jetzt noch fünf interessante Firmen gefunden, die ich anschreiben werde", sagt er. Unter anderem kam er auch mit den Mitarbeitern von Allergopharma ins Gespräch. Personalreferentin Cornelia Olbricht (34) bot ihm und vielen anderen Schülern an, sich für ein Praktikum zu bewerben, um in den Arbeitsalltag hineinzuschnuppern. "Wir freuen uns über offene Jugendliche, die wirkliches Interesse zeigen", sagte sie.

Auch Stephanie Siewert, Ausbildungsleiterin von Alfa Laval, bestätigte, dass ein Praktikum eine Chance sei, in die unterschiedlichsten Bereiche hineinzuschnuppern. Für Madlin Friedt war dies nicht mehr nötig. Für die 19-Jährige stand seit Kindesbeinen fest, dass sie Industriemechaniker werden möchte. "Drehen, fräsen, schweißen und reparieren, das ist genau mein Ding", sagt die Reinbekerin und rührt für ihre Ausbildung in einer Männerdomäne die Werbetrommel.

Doch auch kritische Töne wurden gestern laut. So bemängelte beispielsweise die Polizei, dass die Gespräche mit Schülern wenig zielführend gewesen seien. "Viele Schüler hatten Bögen in der Hand, bei denen es nur darum ging, eine Frage nach der anderen abzuhaken. Die Antworten interessierten sie zum Teil gar nicht", sagte Reinbeks Polizeihauptmeister Thomas Gutsch. Reinbeks Bürgermeister Axel Bärendorf versprach, mit den Schulen über eine sinnvolle Vorbereitung des Ausbildungsmarktes ins Gespräch zu kommen.

Der hatte noch eine Premiere zu vermelden. Die IHK Lübeck stellte eine App "Lehrstellen-Radar" für Smartphones vor, mit deren Hilfe Jugendliche freie Ausbildungsstellen rund um ihren jeweiligen Standort ermitteln können. So kann ein einfacher Stadtspaziergang glatt noch zum Bewerbungsmarathon werden.

Glindes Bürgermeister Rainhard Zug ist sicher: "Bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz sollten sich auch die Eltern engagieren. Sie kennen ihre Kinder, deren Talente und Interessen am besten."