Stimmen: Erstwähler fühlen Politikern auf den Zahn - Regionalschüler wählen zur Probe

Auf Tuchfühlung mit Politikern gingen 110 Gymnasiasten gestern im Sachsenwald-Forum. Die Erstwähler für eine Bundestagswahl diskutierten mit Vertretern von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke und der Piratenpartei. Organisiert wurde das zweite Wahlcafé vom Kreisjugendring Stormarn e.V. und dem Verband politischer Jugend Stormarn. Der Bildungsreferent des Kreisjugendrings, Ansgar Büter-Menke, formulierte drei Ziele: "Politische Bildung, Information zur Wahlentscheidung und die Chance, Politiker direkt zu befragen."

"Die Diskussion war hochspannend und die Schüler sehr gut vorbereitet", so das Resümee von Norbert Brackmann (CDU) nach mehrstündigem Gespräch mit den jungen Leuten. Dr. Nina Scheer (SPD) war von dem gesamtpolitischen Interesse der Schüler beeindruckt. "Es hat mich gefreut, dass auch Fragen nach der Rente kamen."

Themen wie Wirtschaft und Finanzen, Umwelt, Energie oder auch Außen- und Verteidigungspolitik standen auf der Liste. Ein Eindruck von vielen nach dem Wahlcafé: "Die Politiker waren souverän, auch wenn wir provokant gefragt haben", so der 19-jährige Lukas Drescher. Die jungen Wähler nahmen kein Blatt vor den Mund, wenn es um Homoehen oder Mindestlohn ging. Sie hatten sich in Gruppen themenbezogen aufgeteilt und die Diskussionen vorbereitet. Mit einem Fragenkatalog ging es in die Redezeiten mit den Politikern, die von Tisch zu Tisch wechselten. So konnte sich jeder Schüler ein Bild machen, wie verschieden Parteien mit dem gleichen Thema umgehen. Wer nicht in einer Gruppe saß, hatte die Möglichkeit, die Wahlwerbung zu beurteilen. Eine interaktive Onlineplattform der Bundeszentrale für politische Bildung - der Wahlomat - verschaffte ihnen die Möglichkeit, anhand von Antworten zu verschiedenen Thesen herauszufinden, welche Partei dieser Haltung am ehesten entsprechen könnte.

In der direkten Begegnung konnte nicht jede Partei überzeugen. Wählten bei einer Probewahl am Anfang der Veranstaltung noch 38 Jugendliche die SPD, waren es bei einer erneuten Stimmabgabe am Ende nur noch 25. Die CDU verlor nur eine Stimme, die Grünen legten von 18 auf 26 zu. "Wir möchten, dass die Menschen zur Wahl kommen", begründete Dr. Konstantin von Notz (Grüne) seine Teilnahme und die der anderen Politiker an der Diskussionsrunde.

U18-Wahl im Schulzentrum mit erstaunlichen Ergebnissen

Spannend war es auch bei der U18-Wahl im Schulzentrum. Dort konnten von der fünften bis zur zehnten Klasse 500 Schüler ihre Stimme abgeben. Diese Chance nutzten 452 Mädchen und Jungen, die Wahlbeteiligung lag bei 90 Prozent. "Die Schüler haben die Wahl sehr ernst genommen. Nur 13 Stimmzettel waren wegen Formfehlern ungültig", sagt der Jugendbeauftragte der Stadt, Ulrich Gerwe. Wäre es eine richtige Wahl gewesen, erstaunte das Ergebnis: Jeweils 21 Prozent (95 Stimmen) entfielen auf SPD und Grüne, die CDU lag mit 19,25 Prozent (87) knapp dahinter. Die Piraten kamen auf 9,73 Prozent (44), die Tierschutzpartei auf 9,07 (41), die FDP auf 7,80 (32), die Linke auf 6,10 Prozent (28), die NPD auf 1,77 (8), AfD auf 0,88 (4).