Gericht: Richterspruch in Abwesenheit

Die 3. Große Strafkammer des Landgerichts Lübeck war gestern vollzählig versammelt: Drei Richter, zwei Schöffen, die Staatsanwältin, zwei Pflicht- und ein Wahlverteidiger, einer der beiden Angeklagten. Nur der Hauptangeklagte im Prozess um zwei Raubüberfälle auf den Wentorfer Rewe-Markt im Januar 2013 fehlte. Martin H. hatte sich am zweiten Verhandlungstag mit einer Grippe entschuldigt, nach dem Erlass eines Haftbefehls ist er untergetaucht. Der Prozess wurde trotzdem durchgezogen. Martin H. wurde in Abwesenheit zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Sein mitangeklagter Freund Jakob B. kam mit zwei Jahren auf Bewährung davon, er muss 1800 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Dabei hatte er bei der Planung und Ausführung der Überfälle eine entscheidende Rolle gespielt. Er hatte längere Zeit in dem Rewe-Markt als Aushilfe gearbeitet, er wusste, in welchem Raum der Tresor stand und an welchen Tagen besonders hohe Einnahmen zu erwarten waren. Und er hatte die Schreckschusswaffen besorgt, mit der die Räuber den Marktleiter bedrohten. Am Ende bewertete das Gericht seinen Tatbeitrag allerdings wesentlich geringer als den von Martin H.

Bei den Raubüberfällen hatten sich Martin H. und Jakob B. eher zurückgehalten. Jakob blieb zu Hause, Martin übernahm die Rolle des Fahrers. Die bewaffneten Überfälle überließen sie zwei Bekannten. Der 22-jährige Eugen O. verbüßt deshalb zurzeit eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe, der 21-jährige Alex L. wurde vom Jugendgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Beim Überfall auf den Getränkemarkt betrug die Beute nur 880 Euro. Nur knapp zwei Wochen später sollte es mit dem zweiten Überfall dann richtig zur Sache gehen. Bis zu 50 000 Euro vermutete das Räuber-Quartett im Tresor des Supermarkts, aber auch hier betrug die Beute nur rund 4000 Euro.

Tatmotiv war in beiden Fällen akute Geldnot. "Ich hatte schon lange weit über meine Verhältnisse gelebt", gestand Jakob B. in der Verhandlung. Martin H. hatte eine Reinigungsfirma gegründet und war damit kläglich gescheitert. "Am Ende war ich völlig blank, ich musste mir von Jakob sogar zehn Euro Spritgeld leihen", hatte er am ersten Prozesstag gesagt.

Jetzt hatte er immerhin die Zusage auf eine Lehrstelle als Koch in einem griechischen Restaurant in der Tasche. Nach dem Ausgang des Prozesses dürfte daraus auf absehbare Zeit kaum etwas werden.