Musical: Lorenz Wellnitz (8) steht einmal pro Woche auf der Bühne der Neuen Flora

Der junge Tarzan kommt aus Ohe. Im Mai hatten wir den Dschungelhelden Lorenz Wellnitz (8) aus dem Disney-Musical "Tarzan" vorgestellt. Noch bis Ende September steht er einmal pro Woche auf der Bühne der Neuen Flora. Wir haben ihn vor einer Show begleitet.

Bis zum Auftritt sind es noch 45 Minuten. Lorenz Wellnitz stimmt sich am Klavier mit dem Dirigenten ein. "Etwas höher", sagt Markus Kuczewski. "Zitrone, Zitrone, eine blasse Nonne geht nicht in die Sonne", singt der junge Reinbeker - das hilft gegen die Knoten in der Stimme. Flugrollen, Liegestütze, Radschlagen, Dehnen haben den Achtjährigen schon etwas ins Schwitzen gebracht. Das gehört zum Aufwärmprogramm vor jedem Auftritt.

Gleich wird er im Rampenlicht an Bungee-Seilen über die Bühne schwingen, im Affengang mit seinem Freund "Terk" spielen und als kleiner Tarzan ganz allein vor großem Publikum einen der Songs aus dem Disney-Musical Tarzan anstimmen.

Doch noch ist es nicht soweit. Emanuele Carserta (26) eilt, schon halb in der Maske, durch den riesigen Probenraum mit der großen Turnmatte zum Klavier. Der Musicaldarsteller aus Ischia hat seinen Pelz samt Perücke noch nicht angelegt, der ihn in Tarzans frechen Affenfreund verwandeln wird. "Du brauchst einen Freund", singen beide im Duett und verabschieden sich nach zehn Minuten Tanzen, Spielen und Singen mit einem Handabschlag: "Eine schöne Show", sagt der 26-Jährige und macht sich auf den Weg zur Kostümprobe.

Im Bademantel geht's mit Kindertrainerin Leila Potyka (31) zurück ins "Kinderzimmer" hinter der Bühne. "Für die Kinder ist das ein großes Spielparadies, und das ist auch gut so", sagt die 31-Jährige. Zehn kleine Hamburger teilen sich bis zum 2. Oktober acht Shows pro Woche. In den Fluren ist bereits die Anspannung vor der nächsten Aufführung zu spüren. Englisch, Holländisch und Italienisch mischen sich unter das Sprachengewirr in den langen Gängen zwischen Büros, Kantine, Künstlerräumen und Probebühnen. Knapp 200 Menschen arbeiten hier. Die Truppe ist international besetzt. Tänzer und Sänger eilen in die Maske, lassen sich im Blaulicht vor Kabinen voller farbenfroher Kostüme schminken. Während der Show werden sie sich darin zu riesigen Fantasieblumen entfalten oder als Schmetterlinge und Insekten über die Zuschauer flattern. Für ihre Sicherheit sorgt ein Team von holländischen Flugsicherheitsmanagern, den "Height Specialists" - den Höhenspezialisten, die im Dunkeln hinter der Bühne jeden Gurt überprüfen, an dem die langen "Lianen" eingehängt werden.

Auch Lorenz hat inzwischen seinen Lendenschurz in Größe XXS angelegt. Maskenbildnerin Karin Schromm trägt grüne, weiße und gelbe Tupfer auf die Haut auf, die die Dschungelfarben symbolisieren. Noch etwas Blütenstaub, fertig ist die Maske. Jetzt fehlt nur noch die Perücke für den kleinen Tarzan, unter der die zu Kringeln fixierten, langen blonden Haare verschwinden.

Und es heißt, sich von Michael Heidemann (8) zu verabschieden, der bis dahin das Aufwärmen mitgemacht hat, um jederzeit während der Vorstellung für Lorenz einspringen zu können. Die letzten Minuten vor dem Auftritt gehören Lorenz allein. Im Orchestergraben nehmen die Musiker ihre Plätze ein.

Der Vorhang mit dem Bild eines Segelschiffes hebt sich für die Anfangsszene. Die Familie von Tarzan versinkt nach einem Schiffsuntergang im Ozean, mit einem Baby auf dem Arm. Das überlebt, wird später von einer Affensippe groß gezogen und zum jungen Tarzan. Das ist der Einsatz für den 1,28 Meter kleinen Lorenz. Er erobert die große Bühne, singt, tanzt, dreht sich mit Flickflacks wie die großen Darsteller: 30 Minuten dauert sein Auftritt, für den er am Ende sogar Bravo-Rufe bekommt.

Am 28. September steht der Name des Dschungelhelden aus Ohe das letzte Mal gleich hinter denen der Hauptrollen Tarzan und Jane. "Es macht riesig Spaß, ein Affenkind zu spielen", sagt Lorenz.