Ehrenamtliche erfüllen das Hafenmuseum mit ihren Geschichten mit Leben

Begriffe wie "Schäkel", "verholen" oder "Bilgewasser"* kommen Peter Kroll (71) locker über die Lippen. Als Landratte versteht man nur so viel: An dem Elektro-Ingenieur ist ein Seemann verloren gegangen. Als "Hafensenior", wie die Ehrenamtlichen im Schaudepot des Schuppen 50, auf der historischen Kai- und auf der Pontonanlage auf dem Kleinen Grasbrook genannt werden, fühlte der Reinbeker sich schnell zu Hause. Denn der Hafen ist seine alte Heimat, hier spricht man seine Sprache. Sein gesamtes Berufsleben hat er für die großen Werften Howaldtswerke, später -Deutsche Werft (HDW) oder Sietas, Hamburgs ältester Werft, die gerade Konkurs angemeldet hat, die Elektronik großer Schiffe geplant.

Da hat man viel zu erzählen. "Die Hafensenioren erwecken unsere Objekte zum Leben", sagt Ursula Richenberger, Leiterin des Hafenmuseums Hamburg. "Ihre Geschichten machen unser Museum erst attraktiv. Außerdem sind sie die Experten für die Technik. Ohne sie könnten wir es uns gar nicht leisten, Objekte, wie den Schwimmkran, den Sauger 4, die Museumsschute oder die drei Vollportalkrane in Schuss zu halten." 150 Ehrenamtliche arbeiten regelmäßig im Museum und berichten den Besuchern, wie es damals zuging, als es im Hafen nur so wuselte vor Menschen. Zwischen 60 und 89 Jahren alt sind sie und zu 90 Prozent sind es Männer. Sie inventarisieren Objekte, betreiben die Kaffeeklappe oder heizen einmal im Monat den Dampfkessel der "Saatsee" an, den Schwimmkran.

Seit Peter Kroll vor sechs Jahren auf eine Ehrenamts-Messe geschleppt und er auf das Hafenmuseum aufmerksam wurde, ist er dabei: An einem Schnuppertag schaute er sich um und wurde kurz darauf in der Außenstelle des Museums der Arbeit Hamburg auf dem Schwimmkran Saatsee, Baujahr 1920, aktiv. "Mir ging es um die Technik", erzählt er. Jeden Dienstag ab 10 Uhr trifft er sich seitdem mit der Instandsetzungstruppe. "Dann gibt es erstmal Kaffee und wir diskutieren."

Angst, sich die Finger schmutzig zu machen, kennt Kroll ebenso wenig wie seine Kollegen. "Das ginge nicht. Wir haben überall Kohlenstaub auf der Saatsee. Schließlich heizen wir einmal im Monat den Dampfkessel an." Das macht allerdings die andere Hälfte der Truppe.

Kroll ist vor allem mit der Elektrotechnik an Bord beschäftigt. "Zuerst habe ich die Pläne für die Saatsee gezeichnet. Da gab es gar keine Unterlagen." Der Hafensenior denkt dabei vor allem an folgende Generationen. "Ich kenne die alte Technik ja noch." Die ist komplex. Je nach Last lässt sich der Haken auf eine der drei Trommeln umshiften, die zehn, 30 oder 70 Tonnen hebt. Ab 1976 sorgte das Amt für Arbeitsschutz für eine Nachrüstung mit Alarmanlagen, etwa für einen Endschalter, um Überlast zu vermeiden.

Als das Museum eine Barkasse geschenkt bekam, stellte sich heraus, dass die gesamte Elektrotechnik erneuert werden muss. "Sie war zuvor abgesoffen." Man bat ihn, den Entwurf zu machen. Und Kroll hat es gern getan. "Die Installation hat Gott sei Dank jemand anders übernommen." Denn das hätte zu viel Zeit gekostet. Vier bis fünf Stunden in der Woche würden ihm reichen. Schließlich muss auch noch Zeit bleiben für seine Freundin, für sein Segelboot "Jan Himp" und fürs Tischtennis.

Wie viel Wissen er im Laufe seiner 46 Berufsjahre angesammelt hat, merkt der Reinbeker, wenn es um "artfremde" Aufgaben geht. Zum Beispiel um eine Zeichnung, die als Anleitung für den Bilgewasser-Entöler dienen soll. Wie das funktioniert, sieht er mit einem Blick.

*Bilgewasser (sprich "Bilsch") ist übrigens Kondenswasser im Dampfkessel, das sich mit Öl vermischt hat und entsorgt werden muss.

Das und noch viel mehr kann man dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr im Hafenmuseum Hamburg an der Australiastraße lernen. Eintritt: fünf Euro, unter 18 Jahren frei.