Ruheort: Neue Bänke am Forstplatz bieten Platz für kleine Pausen vom Pflegealltag

In guten Zeiten hat Irene Gülzow (75) den Garten des Wochenendhauses an der Ostsee gehegt und gepflegt. "Sie hat Blumen geliebt", sagt Ehemann Norbert. Auch Reisen zählten zu den Lieblingsbeschäftigungen der Familie, zu der eine erwachsene Tochter gehört. Gerne fuhr man zum Ski-Langlauf nach Oberstdorf und auch nach Westerland auf Sylt. Inzwischen sind härtere Zeiten angebrochen: Irene Gülzow kann nichts mehr, sitzt im Rollstuhl und bewohnt die Pflegestation in der Seniorenresidenz an der Bogenstraße. Die Krankheit Parkinson kam schleichend und verschlimmerte sich immer mehr. "Reni, sprich doch mal mit mir", bittet Norbert Gülzow (72) fast täglich seine Frau, doch sie bleibt stumm.

Dass der Partner nicht mehr sprechen kann, das empfindet auch Ruth Wittmann an der Krankheit ihres Mannes, der zwei Schlaganfälle erlitten hat, als am schlimmsten. Gerhard Wittmann (79) kann nicht einmal mehr schlucken und muss künstlich ernährt werden. Der ehemalige Chemielaborant hat sich schon in jungen Jahren für Vogelstimmen interessiert und beobachtete für die Hamburger Umweltbehörde die gefiederten Tiere, erfasste sie regelmäßig anhand ihrer Stimmen. Ebenso ging es stets perfekt ausgerüstet in den Urlaub nach Dänemark, wo er dann gern auch Wasservögel beobachtete. Inzwischen hat Ruth Wittmann zahlreiche Tierfilme aufgenommen und auf DVD kopiert. Jeden Abend, bevor sie das Pflegeheim verlässt, stellt sie den Player an, damit ihr Mann einen Film schauen und vor allem hören kann. Ob er das mitkriegt, weiß die 77-jährige Lohbrüggerin nicht.

Die Familien Gülzow und Wittmann sind Nachbarn an der Korachstraße in Lohbrügge. "Man grüßte sich, hat mal ein Wort gewechselt, das war's. Durch die Krankheiten der Ehepartner und das gemeinsame Schicksal ist aus der Nachbarschaft Freundschaft geworden.

"Wir weinen uns auch mal gegenseitig aus, wenn irgendwas, wie beispielsweise mit den Hilfsmitteln, mal nicht so klappt", sagt Ruth Wittmann. Sie bewundert vor allem die Fröhlichkeit von Norbert Gülzow - und seine Hartnäckigkeit. Denn er hat angeregt, in dem benachbarten kleinen Park neben der Seniorenresidenz vier neue Bänke aufzustellen.

Auf Initiative des Seniorenbeirates hat sich Karin Drexelius (72) erfolgreich für die Umsetzung eingesetzt. "Meine Mutter lebt ebenfalls in der Seniorenresidenz, ein Pfleger hatte mich angesprochen", sagt die 72-Jährige. "Als meine Frau vor drei Jahren vom Lohbrügger Leuschnerheim, wo die Pflegestation aufgelöst wurde, nach Reinbek kam, standen dort nur zwei alte, verrottete Bänke, die dann abgerissen wurden", sagt Norbert Gülzow. Da hätte er im Rathaus nach neuen Bänken gefragt. Wie er hat sich auch Drexelius häufig anhören müssen, "es ist kein Geld da". Sie holte die Regionalleiterin der Seniorenresidenz, Claudia Willig, ins Boot, die 3000 Euro Spenden sammelte. Schließlich legte die Stadt noch 2000 Euro drauf. Letzte Woche wurden sie endlich aufgestellt. "Vor lauter Freude haben wir spontan ein Fest organisiert", so Gülzow. Mehr als 40 Leute feierten die Einweihung.

Der kleine Park hat auch einen Namen bekommen. "Platz unter den sieben Linden" haben Gülzow und Wittmann den Ort getauft. Gerne fahren sie mit ihren Ehepartnern im Rollstuhl die wenigen Meter dorthin, und haben dabei das Gefühl, dass Irene Gülzow und Gerhard Wittmann sich hier besonders wohlfühlen.