Austausch: 15-jährige Wohltorferin hat ein Jahr an einer Montessori-Schule im texanischen Austin gelernt

Bei gutem Wetter wird der Unterricht einfach nach draußen verlegt. An anderen Tagen wird wichtige Literatur nicht im Klassenzimmer, sondern im Teehaus gelesen. Vor vielen Stunden gibt es eine kleine Entspannungseinheit. Die Lehrer sind oft nicht älter als 20 Jahre und mit den Schülern nicht nur in sozialen Netzwerken befreundet. Nach Schulschluss spielen sie mit ihnen Tennis oder Volleyball. Auf dem Stundenplan stehen Fächer wie Film, Fotografie und Schauspiel. Einmal im Monat kommt der Schuldirektor persönlich vorbei, fragt, wie es geht und was man an der Schule noch verbessern könnte. Während alle diskutieren und Anregungen geben, lümmeln sie lässig auf dem Fußboden herum.

Es klingt wie ein kleines Paradies und genau das hat Carlotta Rehbein aus Wohltorf besucht. Ihr Fazit nach mehreren Monaten an der Khabele Schule im texanischen Austin: "Schule hat richtig Spaß gemacht und ich habe unheimlich viel gelernt."

Die 15-Jährige, die normalerweise in die Sachsenwaldschule in Reinbek geht, staunte zuerst nicht schlecht, als sie merkte, wie lässig es an der amerikanischen Privatschule zugeht. Statt in steifer Schuluniform laufen die Mädchen und Jungen in Shorts und T-Shirts herum. An der gesamten Schule, in der nach dem Montessori-Konzept unterrichtet wird, gibt es nur hundert Schüler. Alle Klassenstufen, vom achten bis zum zwölften Jahrgang, werden zusammen unterrichtet. Nicht selten sitzen in den Lerngruppen nur fünf bis sechs Schüler zusammen. "Bei so wenigen Leuten ist man auch mit Älteren und Jüngeren befreundet, das hat mir sehr gut gefallen", erzählt sie.

Auch die Wochenenden hat sie mit ihren Mitschülern verbracht, lange Wanderungen unternommen, die Gegend kennengelernt. Bei ihren Ausflügen entpuppte sich das vermeintlich eher langweilige Austin als ziemlich lebendige Stadt. Besonders die große Live-Musik-Szene hat die Deutsche beeindruckt. "Die sind in Austin und an der Schule alle ganz schön hippie", hat sie festgestellt. Mit wenig Disziplin hat das jedoch nichts zu tun, wie sie schnell feststellte. Denn auch wenn das Pauken in ziemlich lässiger Umgebung auf dem Stundenplan steht - gelernt werden muss. "Die Noten stehen im Internet. Man sieht täglich, wo man gerade steht. Wer schlechte Leistungen bringt oder nicht lernt, muss die Schule verlassen", weiß sie. Nicht selten saß die deutsche Austauschschülerin bis Mitternacht am Schreibtisch, denn nach Schulschluss um 16 Uhr mussten die Hausaufgaben gemacht werden. Motiviert war sie trotzdem. Die sehr persönliche und individuelle Ansprache durch die Lehrer und die kleinen Lerngruppen spornten an.

Texas war zuerst nicht Carlotta Rehbeins erster Wunsch auf der Liste möglicher Austauschziele. Nach einem Jahr sagt sie jedoch: "Es kommt vor allem auf die Schule und die Mitschüler an. Bei der Vorbereitung des Austauschjahres macht es keinen Sinn, sich auf tolle Orte wie Florida oder Kalifornien zu konzentrieren. Denn am Ende ist dort vielleicht die Gegend schön, die Leute aber nicht." Mit Texas hat Carlotta jedenfalls einen Volltreffer gelandet. Auf den Hunderten Bildern, die sie gemacht hat, ist sie umringt von anderen fröhlichen Mädchen und Jungen.

Dass man auch in Deutschland Spaß haben kann, wird Carlotta Rehbein nun ihrer amerikanischen Gastschwester Rachel zeigen, die ab heute zwei Wochen in Wohltorf zu Gast ist. Auf dem Plan stehen Touren nach Hamburg, Berlin und natürlich zur Sachsenwaldschule. Denn auch dort macht Lernen Spaß, auch wenn es dort ein bisschen weniger "hippie" ist.