Jugendarbeit überrascht junge Leute aus vier Ländern

Die vielfältigen Möglichkeiten und die entspannte Atmosphäre hatten es den jungen Leuten angetan - und manchen auch die Tatsache, dass es überhaupt einen Ort gibt, an dem sich Jugendliche treffen können.

"Ich bin so froh, dass ich hierher gekommen bin", sagt der Technik-Student Mateusz Ciesielski (18) aus Reinbeks polnischer Partnerstadt Kolo. "Bei uns gibt es kein Jugendzentrum. Ich möchte erfahren, wie so etwas funktioniert, diese Ideen mit nach Hause nehmen und vielleicht dort umsetzen."

Der junge Mann aus Kolo und die anderen jungen Leute nehmen noch bis zum 3. Juli am internationalen Sommercamp in der Gemeinschaftsschule am Mühlenredder teil. Dabei geht es neben Spaß und Austausch auch darum, in Sachen "Jugendbeteiligung" von einander zu lernen. "Wir haben ein vergleichsweise gut ausgestattetes System, wenn es um die Interessen der Jugendlichen geht", sagt Michel Richter-Brehm, Leiter des Awo-Jugendzentrums-Verbunds in Reinbek, der das Camp organisiert hat. "In der Partnerstadt Täby sieht es ähnlich aus. Doch in Istanbul gibt es nur ein einziges Jugendzentrum, da ist es gut, sich unterschiedliche Modelle anzusehen."

Zustande gekommen ist das Camp mit Unterstützung der Stadt Reinbek und Fördermitteln der EU. Daher wohnen die Jugendlichen nicht nur zehn Tage lang zusammen, unternehmen Ausflüge und machen Party. Tagsüber steht die Arbeit in den Projektgruppen im Vordergrund. Gemeinsam gestalten sie eine internationale Jugendsendung, die bei Radio Tide FM ausgestrahlt wird, erstellen eine CD und arbeiten an einem Campbook, in dem sie gemeinsame Ergebnisse und Forderungen präsentieren wollen.

Obwohl die kulturellen Unterschiede groß sind - was Jugendliche wollen und brauchen, ähnelt sich überall sehr. "Sie brauchen Freiräume, in denen sie sich verwirklichen können", fasst die Leiterin der schwedischen Gruppe, Isabelle Berglund (27), zusammen. In den sechs Jugendzentren in Täby gehe es reglementierter zu. "In Deutschland traut man den jungen Leuten viel mehr zu, und sie werden weitaus stärker einbezogen", sagt sie.

Besonders die türkische Gruppe ist beeindruckt davon, was sie bisher gesehen und erlebt hat. "Wir nehmen viele Eindrücke mit nach Hause", sagt die Wirtschaftsstudentin Esra Nur Bozgeyik (19). "Das gibt uns Kraft und Mut. Wenn wir zurück in Istanbul sind, werden wir wieder auf die Straße gehen und protestieren. Die Ideen, die wir hier gesammelt haben, können uns helfen. Hoffentlich schließen sich immer mehr den Protesten an, damit sich in der Türkei endlich etwas bewegt."

Und was können die deutschen Jugendlichen aus dem Sommercamp mitnehmen? Richter-Brehm: "Dass die Jugendbeteiligung in Europa ganz unterschiedlich ist - und sie bereits haben, was andere sich erst hart erkämpfen müssen."