Stadtvertretung: CDU-Mann verweigert drei Wochen nach der Wahl seiner Fraktion die Mitarbeit

aut neuer Gesetzgebung ist man nicht mehr automatisch Fraktionsmitglied der Partei, für die man angetreten und gewählt worden ist. Vielmehr müssen sich die Kandidaten nach der Wahl offiziell dazu bekennen.

Doch Hartwig Löhr, seit 50 Jahren CDU-Mitglied, will nicht mehr. Während die Mitglieder anderer Parteien am Dienstagabend im Rathaus dicht gedrängt in Zweierreihen saßen, hatte der 70-Jährige einen ganzen Tisch für sich allein. "Das ist eine persönliche Sache", sagte Löhr auf Nachfrage nach dem Grund knapp.

Seine Partei, aus der er auch nicht austreten möchte, wird da schon deutlicher. Offen wird ausgesprochen, dass die neue Zusammensetzung des Stadtverbandes der CDU Hartwig Löhr anscheinend nicht schmecke. Gern wäre er wieder Schatzmeister geworden, hatte sich vorschlagen lassen, verlor die geheime Wahl am Montagabend jedoch deutlich mit sechs zu 24 Stimmen gegen Renate Gehricke.

Der neue Vorsitzende des Stadtverbandes, Patrik Ziebke, hatte wie berichtet eine neue, junge Mannschaft aufgestellt - Altersdurchschnitt um die 35. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich den Vorsitz nur mit einem jungen Team mache", sagt der 32-Jährige selbstbewusst. Seit langem soll es hinter den Kulissen der CDU ordentlich gekracht haben. Ein Grund für die Abkehr von der eigenen Fraktion sei auch der Wahlkampf gewesen, sagt Hartwig Löhr, bleibt mit der Erklärung, "bei den Finanzen liegt der Hund begraben", jedoch nebulös.

Hans-Helmut Enk, Fraktionsvorsitzender der CDU, stellt klar, dass mit der Kasse der CDU alles in Ordnung sei. "Wir unterliegen der Aufsicht des Landes und des Kreises. Der Haushalt 2012 ist lupenrein." Dass für den Wahlkampf 2013 noch nicht alles abgerechnet wurde, sei kein Zeichen dafür, dass etwas bei den Finanzen nicht stimme. "Seit dem CDU-Parteispendenskandal achte ich auf minutiöse Buchhaltung", sagt Enk.

Er vermutet, dass hinter der plötzlichen Abkehr Löhrs persönliche Animositäten steckten. Lothar Zug, nach 46 Jahren am Dienstagabend mit Anerkennung in den politischen Ruhestand verabschiedet, wird deutlicher: "Das ist eine beleidigte Leberwurst."

In der Stadtvertretung sorgt die Abspaltung von der Fraktion für Wirbel. Denn nun fehlt der CDU ein Mandat, die Besetzung für die Ausschüsse muss neu berechnet werden. Möglicherweise ist Forum21 Gewinner der Aktion: Die Wählergemeinschaft könnte - je nach Rechenansatz - in den Ausschüssen einen Sitz mehr bekommen.

Hartwig Löhr liebäugelt mit der Idee, sich mit Klaus Peter Puls zusammenzutun. Der war nach 44 Jahren aus der SPD ausgetreten und zur Wahl als Einzelbewerber angetreten. Zusammen könnten sie eine Fraktion bilden. "Ich bin als Unabhängiger angetreten und werde das auch bleiben. Ich begebe mich nicht in eine Abhängigkeit", sagt Puls. Demnach bleibt Hartwig Löhr jetzt allein an seinem Tisch.