Malerweekend: 90 Aussteller beweisen, dass aus Fantasie und handwerklichem Geschick Kunst wird

Die gelernte Grafik-Designerin hat ein Faible für außergewöhnliche Kunst und formt aus eben jenen Eierkartons, Papier, Pappe und Leim tierische Zeitgenossen.

Eine dunkelgraue Katze, die das Köpfchen eng an die Pfoten kuschelt, hatte es Ingrid Cordsen-Froese gestern beim Malerweekend im Reinbeker Rathaus angetan. Genauestens ließ sich die Regisseurin und Autorin der Theatergruppe "Die Reinbekerei" erklären, wie die Hamburgerin bei der Arbeit vorgeht. "Ich bin selbst kreativ und kann mir ungefähr vorstellen, wie viel Arbeit darin steckt", sagt Cordsen-Froese.

Wenige Meter weiter hatte Bernd Rückert seine Werke aufgebaut, die von der Finanzkrise inspiriert sind. Seine außergewöhnlichen und selbst kunstvoll verzierten Spardosen aus dünnem Holz erinnern an die Skyline von Frankfurt - eine Bank neben der anderen. "Hier bekommt Geld wieder einen materiellen Charakter", erklärt der Grafiker aus Lauscha sein Konzept. Es sei nicht mehr nur eine Summe auf dem Kontoauszug, sondern greif- und hörbar, wenn es mit einem lauten Plumps in die Dose fällt. "Ein Kunde hat ein halbes Jahr lang jedes Zwei-Mark-Stück darin gesammelt, am Ende ist er von dem Geld mit seiner Frau zwei Wochen in Urlaub gefahren", erklärt Rückert, der Grafik-Design studiert hat.

Absolut autodidaktisch hat Heidi Ziolkowski künstlerisch begonnen. Als die Kinder aus dem Haus waren, griff sie zu Leinwand und Pinsel, startete durch. Gestern begeisterte sie im Obergeschoss des Rathauses beispielsweise mit "Professor Schnauz und Frau Luise", bei denen sie mit Acrylfarben und chemischen Experimenten Rosteffekte mit Patina auf die Leinwand zauberte. "Was zum Schmunzeln", sagt sie selbst über ihre Werke.

Ina Rafeiner, Bernd Rückert und Heidi Ziolkowski sind drei von insgesamt 90 Ausstellern, die das Rathaus in eine Kunstmeile verwandelten. Zum 38. Mal hatten Bärbel und Normann Müller-Rousseau zu diesem Event geladen, das aus dem Reinbeker Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken ist.

Von selbstgestrickten Schals, Holzobjekten und Acrylbildern, bis hin zu Schmuck, Lederkleidung und Metallarbeiten war für jeden Geschmack etwas dabei. Dass die Besucher jedoch auch in munterer Kauflaune waren, bezweifeln einige Aussteller. "Viele scheinen zum Bummel und Klönen zu kommen", hat unter anderem Aussteller Bernd Rückert festgestellt. 300 Euro und mehr gäben die wenigsten für die zum Teil sehr hochwertigen Kunst-Angebote aus, so seine Bilanz. Er selbst wird 2014 wohl nicht wieder kommen, für viele anderen Aussteller und Besucher ist und bleibt das Malerweekend jedoch ein Muss.