Vergewaltigung: Zweifel an Aussage

Freispruch hieß es demnach für einen 36-jährigen Tischler, der - wie berichtet - angeklagt gewesen war, seine heutige Ex-Frau im November 2010 vergewaltigt zu haben. Nach der Befragung von Nachbarn und gemeinsamen Freunden war das Gericht nicht zweifelsfrei davon überzeugt, dass sich alles so zugetragen hat, wie es das vermeintliche Opfer angegeben hatte.

Während die 35-Jährige ausgesagt hatte, dass ihr Mann nackt ins Schlafzimmer gekommen sei, sie aufs Bett geworfen und trotz ihres Protestes zum Geschlechtsverkehr gezwungen habe, sprach er von einvernehmlichem, etwas "härterem Sex". "Die entscheidende Frage ist, ob der Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen stattgefunden hat und ob sie dies wirklich für den Angeklagten deutlich zum Ausdruck gebracht hat", so Richterin Schulze-Hillert. Dies sei nicht mehr so eindeutig zu beantworten, weil letztendlich nur das einstige Paar selbst wisse, was an dem Abend passiert ist.

Zweifel kamen dem Gericht auch deshalb, weil die Frau laut glaubwürdiger Zeugenaussagen am besagten Abend zwar völlig aufgelöst gewesen war, schon am nächsten Tag aber wieder alles vergessen zu sein schien. Dass die 35-Jährige schon zwei Wochen später sogar eine Affäre mit dem Mann jener Nachbarin angefangen haben soll, zu der sie sich am Tatabend weinend flüchtete, wurde im Amtsgericht zwar mit Verwunderung aufgenommen, bei der Urteilsfindung jedoch nicht berücksichtigt. Insgesamt ergebe sich nicht das Bild einer - wie sie selbst sagt - traumatisierten Frau.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Opfers wurden auch durch die Umstände geschürt, wie die Anzeige wegen sexueller Nötigung zustandegekommen war. Denn der vermeintliche Vergewaltiger hatte bei seinem kleinen Sohn blaue Flecken und Striemen entdeckt und dafür den neuen Lebensgefährten seiner Ex-Frau verantwortlich gemacht. Als diese deshalb bei der Polizei eine Aussage machen musste, offenbarte sie den Beamten, dass ihr Ex-Mann sie während der Ehe vergewaltigt habe. Nicht sie selbst machte daraufhin eine Anzeige, sondern die Polizei.

Auch der Umstand, dass die Frau erst eine Aussage machen wollte, sie dann wieder zurücknahm und letztendlich doch vor Gericht erschien, wirkte sich nicht positiv für sie aus. Der Verteidiger mutmaßte sogar, dass die 35-Jährige, die lange sexuelle Dienstleistungen vor einer Webcam angeboten hatte, diese Geschichte zum Schaden ihres Ex-Mannes dramatisiert habe. Grund: Die Angst, die Kinder an ihn zu verlieren. Seine Forderung: Freispruch. Die Staatsanwältin hingegen glaubte der Frau und forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf drei Jahre, für den 36-Jährigen. "Mir ist es sehr unangenehm, dass ich hier vor Gericht bin. Ich bin mir keiner Schuld bewusst und kann nur mit dem Kopf schütteln", sagte er.