Reinbek. Kanada ist ansteckend. Das Virus befällt die Besucher des Landes meist schon, nachdem sie den Flughafen wenige Kilometer hinter sich gelassen haben.

Die atemberaubende Natur haut jeden um, lässt fast niemanden kalt. Und dann haben sie es plötzlich: das Kanada-Fieber. Das Herz schlägt schneller, die Augen leuchten, ein seliges Lächeln liegt auf dem Gesicht. Therapie: nahezu aussichtslos. So jedenfalls könnte die Diagnose nach einem Gespräch mit den zahlreichen Kanadafreunden lauten, die gestern in der Tapas-Bar Saso in Reinbek den kanadischen Nationalfeiertag gefeiert haben.

Maple Table ( www.mapletable.de ), den Stammtisch für Kanada-Fans, haben Eva-Louise Büchter und Milva Katharina Klöppel im Mai 2004 gegründet. "Im Norden sind es rund 500 Menschen, die wir regelmäßig einladen. Rund 30 sitzen meistens zusammen, tauschen Tipps und Reiseinfos aus", erzählt Eva-Louise Büchter. Die Eltern der 46-Jährigen hatten bereits in den 1970er-Jahren ein Grundstück in Kanada gekauft - ein Rückzugsort für die Familie, falls das politische und gesellschaftliche Klima in Deutschland ungemütlich werden sollte. Mittlerweile ein Ferienidyll, das auch Wentorfs Bürgervorsteher Andreas Hein kennt.

Zusammen mit Eva-Louise Büchter und ihrem Lebenspartner hat er dort eine Blockhütte gebaut. "Ein unvergessliches Erlebnis. Dass ich, der Schreibtischmensch, eine Blockhütte gebaut habe, die die nächsten 150 Jahre in Kanada stehen wird, ist einfach toll", schwärmt er. Als Reservist war er das erste Mal in Kanada, als Wentorf noch Bundeswehrstützpunkt war und auf dem fernen Kontinent Kameraden ausgebildet hat. Das einzige freie Wochenende nutzte der Wentorfer, um einen kleinen Teil des Landes kennenzulernen. Auch ihn hatte es sofort erwischt. Schon ein Jahr später war er zusammen mit seiner Frau wieder da, um drei Wochen die "grandiose Natur" und die Weite des Landes zu genießen. Für 2013 ist die nächste Tour geplant. "Man braucht mindestens zehn Jahre, wenn man wirklich alle Teile des Landes kennenlernen will", ist der Vater einer Tochter sicher.

Exakt zehn Jahre hat Joe Küssner aus Wentorf in Kanada gelebt. Für die Firma Siemens war er als Vertriebler unterwegs - sogar mit dem Wasserflugzeug. Was den heute 80-Jährigen besonders beeindruckt hat: "Dass die Kanadier so absolut vorurteilsfrei sind. Sie nehmen jeden in ihre Gemeinschaft auf, unabhängig davon, wo er herkommt. Es war die schönste Zeit meines Lebens."

Die hat Carolin Laib (15) möglicherweise noch vor sich. Die Schülerin des Bergedorfer Hansa-Gymnasiums hat seit zwei Wochen nicht nur den deutschen, sondern auch einen kanadischen Pass und startet in vier Wochen zu einem einjährigen Aufenthalt. "Ich lebe bei meiner Tante in Vancouver Island, gehe dort zur Schule", erzählt die 15-Jährige. Ihre Mutter Monica Laib (51) ist in Kanada geboren, deren Mutter Margret Laib war direkt nach der Berufsschule dorthin ausgewandert. Nach 15 Jahren kehrte die heute 72-Jährige mit ihrem Mann und den beiden Teenagerkindern nach Deutschland zurück, lebt heute in Bergedorf.

Annette Michling (38) und ihr Mann Mark (31) sind in Kanada ins Eheglück gestartet. Auf dem Programm der Hochzeitsreise stand auch eine Hundeschlittenfahrt. Kanada hat sie so begeistert, dass auch sie auf die Frage "Ist die nächste Reise schon geplant?", antworten: "Natürlich!". Im September fliegt Annette Michling in das Land, das niemanden mehr loslässt.