Reinbek. Im Beerengarten von Sabine Witt und Stefan Giese darf in der Erntezeit genascht werden. Auf dem Weg zur Terrasse des Schrebergartenhäuschens locken Himbeeren, Brombeeren und Stachelbeeren am Wegesrand.

In wenigen Wochen wird der erste Apfel an einem jungen Baum hungrige Gäste locken. Die 48-Jährige und ihr Lebensgefährte öffnen am Sonnabend, 2. Juni, 15 bis 18 Uhr, ihr kleines Idyll für Interessierte. Sie eröffnen damit die beliebte Aktion "Offene Gartenpforte", bei der sich Naturliebhaber bis September Inspiration bei anderen Hobbygärtnern aus Reinbek und der näheren Umgebung holen können.

Wer den Reinbeker Kleingarten an der Schönningstedter Mühle besucht, sollte Zeit mitbringen. Denn der Garten ist mit viel Liebe bis in den hintersten Winkel bepflanzt und gestaltet. Zwischen den Büschen, Bäumen, Zierpflanzen und Kräuterbeeten haben sich kleine Drachen, Tonmäuse und Schlangen versteckt, die darauf warten, entdeckt zu werden. Über das gesamte Grün wacht eine Fruchtbarkeitsfigur, und das hat einen Grund.

Denn Sabine Witt hat in der traditionellen Anlage einen schamanischen Garten angelegt. "Schamanismus ist keine Sekte und keine Religion", schickt sie gleich vorweg. Schon oft hat sie erlebt, dass Menschen skeptisch bis ablehnend auf ihre Lebenseinstellung reagieren. Für sie hat alles im Leben einen Platz. Jede Pflanze, jedes Insekt hat eine Daseinsberechtigung und findet in ihrem Garten ein schönes Plätzchen. "Vieles, was andere weggeschmissen haben, haben wir wieder aufgepäppelt", sagt die Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Das führt sie auch darauf zurück, dass in ihrem Garten "die Energie stimmt." Eine positive Atmosphäre, in der sich auch jene Pflanzen wohl fühlen, die von anderen schon lange aufgegeben worden sind. "Bei uns darf auch das sogenannte Unkraut bleiben", sagt Witt, die bei der Stadt Reinbek angestellt ist und die Spielplätze betreut. Im Winter ist sie zudem dafür verantwortlich, dass Reinbeker Bürger sicher über die zahlreichen Brücken laufen können. Mit schweren Streusalzeimern zieht die gelernte Landschaftsgärtnerin ihre Runden in der Stadt.

Im Sommer läuft ihr Gemüsebeet strahlenförmig wie eine Sonne auf einen großen Obstbaum zu. Die Gartenbank darunter ist das Lieblingsplätzchen der 48-Jährigen. Ihren Gästen bietet sie im Garten oder auch bei ihren Reiki-Seminaren gern Tees aus eigenen Kräutern an. Wer mag, darf am 2. Juni an Zitronenmelisse, Thymian oder Salbei schnuppern, japanische Petersilie, Beinwell ("schmeckt wie frische Gurke") oder Knoblauchgras kennenlernen.

Viele Pflanzen und Kräuter werden umziehen. Denn Sabine Witt und ihr Lebensgefährte grundsanieren gerade ein Haus in Börnsen. Schon jetzt freut sich das Paar auf den großen Garten, in dem wieder alles seinen Platz finden wird. Welche Blumen und Bäume mitdürfen, können die sogar selbst entscheiden. "Ich frage einfach, wer mitkommen will. Dann werden mir die Pflanzen schon antworten", sagt sie mit einem charmanten Lächeln.