Betr.: “Haushaltsperre“, Reinbek-Seite vom 28. 5. 2009

Es gibt Sprachen, die sowohl für Krise als auch für Chance die gleiche Vokabel verwenden. Zugrunde liegt die Erfahrung, dass aus Not auch eine Tugend werden kann, und belastende Situationen auch den Keim notwendiger Problemlösung und besserer Zukunftsperspektive in sich tragen können. Angewandt auf die Reinbeker Finanzmisere hat sich aktuell mit der Anordnung einer 20%igen haushaltswirtschaftlichen Sperre eine Zuspitzung ergeben. Drastisch werden so die umfassenden Folgen der Bankenkrise bis hinein in die Kommunen offen gelegt. Zugleich wird Verwaltung und Politik aber auch die Chance geboten, Sparpotentiale des städtischen Haushaltes zu erfassen und nachhaltig zu nutzen.

Auf den ersten Blick mag es paradox erscheinen und insbesondere die Kommunalpolitiker düpieren: was in vielen Elefantenrunden, Arbeitskreisen und Fachausschussberatungen zum städtischen Haushalt über Jahre nicht gelingen wollte, wird durch die Macht des Faktischen praktisch über Nacht erzwungen: das regionalisierte Ergebnis der Mai-Steuerschätzung geht von prognostizierten Reinbeker Steuerausfällen insbesondere aus Einkommens- und Gewerbesteuer von 1,68 Millionen Euro aus. Bis zum Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung im September ist die Stadt damit gesetzlich verpflichtet, im Rahmen der Prävention eines unterfinanzierten Verwaltungshaushaltes eine diesbezügliche 20%ige Sperre zu erlassen. Ausgaben werden von der Einwilligung des Bürgermeisters abhängig gemacht. Damit sollen 1,25 Millionen Euro variabler Kosten sowie zusätzlich pauschal 400 000 Euro an Personalkosten eingespart werden.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 20% Einsparung der politisch beeinflussbaren Kosten im Verwaltungshaushalt. Was 40 Einsparvorschläge des interfraktionellen Arbeitskreises Finanzen nach der Haushaltsrevolte 2006/07 nicht zustande brachten, erledigt die Finanzkrise auf einen Schlag - und eröffnet zugleich ungeahnte Perspektiven. Bis zum Erlass der Nachtragshaushaltssatzung im September, bevor möglicherweise neuer Kreditbedarf offenbar wird und die Politik entsprechenden Versuchungen anheimfällt, sollte der gerade neu installierte interfraktionelle AK Haushalt zusammen mit der Verwaltung die Steilvorlage der Krise nutzen und das angestrebte Einsparvolumen gemeinsam realisieren. Wenn es gelingt, auf diese Weise Einsparmöglichkeiten für zukünftige Haushalte zu generieren, dann ist die Krise genutzt worden.

Michael Zietz

Bündnis90/Die Grünen

Reinbek