Vier Jahre war die Sozialrechtsexpertin für viele in Not geratene Menschen der letzte Anker.

. "Biggi, kannst Du Dich mal kümmern?" Mit dieser Frage klopfen viele Menschen bei der Reinbeker Bürgerrechtlerin Brigitte Marks an. In den meisten Fällen konnte die Sozialrechtsexpertin ihnen zu ihrem Recht verhelfen. Die hartnäckige "Anwältin der kleinen Leute" hat unerschrocken die eine oder andere Tür in Stormarner Amtsstuben gestürmt und sich weder von Unmutsbekundungen wie "oh, die schon wieder" noch härteren Geschützen wie Bußgeldandrohungen einschüchtern lassen. Und auch Versuche, sie mit dem Rechtsberatungsgesetz* mundtot zu machen, konnten die berüchtigte "Nervensäge" nicht bremsen. Im Gegenteil: Als sich die soziale Lage für Arbeitslose nach Inkrafttreten des Hartz-IV-Gesetzes verschlechterte, stellte sie die Hilfe auf größere Basis, gründete 2005 den Verein "Bürger helfen Bürgern". Zum 30. Juni wird sie den Verein auflösen. Die Begründung fasst sie kurz und bitter zusammen: "Die sozialen Ungerechtigkeiten sind den Ärmsten der Armen nicht mehr vermittelbar. Billionen mit 14 Nullen werden auf Bank- und Firmenzocker heruntergerieselt. Die von mir vertretenen Menschen haben lediglich 351 Euro im Monat."

Ungerechtigkeiten gingen der 62-Jährigen, die für viele der letzte Anker ist, immer gegen den Strich. So sorgte sie dafür, dass ein Mietspiegel erstellt wurde, weil die Unterkunftszuschüsse für Hartz-IV-Empfänger mit dem Reinbeker Mietniveau nicht mithalten konnten. Sie verhinderte, dass Menschen ihre Wohnung räumen mussten, weil die Miete zehn Euro über dem Wohngeldsatz lag oder setzte durch, dass die Stadt einen Nothilfefonds einrichtete. Das Bundessozialhilfegesetz kennt sie aus dem Effeff. So verhalf sie unter anderem sechs Familien dazu, dass zu Unrecht nicht ausgezahltes Kindergeld in Höhe von 14 000 Euro bewilligt wurde. Im Wentorfer Rathausskandal deckte sie 2002 auf, dass eine Mitarbeiterin mittels perfider Anleitungen eines Anwalts aus dem Amt gemobbt werden sollte. Der Fall schlug bundesweit Wellen.

Während sie Auseinandersetzungen auch mit höchsten Stellen nicht scheut, macht ihr mehr und mehr die "Gleichgültigkeit in dieser Gesellschaft" zu schaffen. "Vor allem in dem zermürbenden Paperkrieg mit der ARGE laufe ich wie gegen Gummiwände", sagt sie. Zahllose unerledigte Fälle stapeln sich auf ihrem Schreibtisch. "Oft warte ich Monate auf eine Antwort". Währenddessen bitten immer mehr Menschen um Hilfe. "Was meinen Sie, wie viele Not leidende Bürger bei mir anfragen, weil sie nichts mehr zu essen haben?"

Der Kampf gegen Windmühlen zehrt inzwischen an ihren Kräften. Außer der Unterstützung der neun Vereinsmitglieder bekam sie wenig Hilfe. So auch auf ihrer letzten "großen Baustelle", dem Hochhaus am Weißenseer Weg. "Ich habe die Stadt mehrmals vergeblich gebeten, ein erneutes Krisenmanagement einzurichten, um mit der Verwaltungsgesellschaft zu verhandeln, die immer noch nicht alle Brandschäden in den Wohnungen beseitigt hat", sagt Marks.

In Zukunft werde sie sich um ihre acht amtlichen Betreuungen kümmern. "Wenn wieder jemand bei mir klingelt, dann müssen andere die Basisarbeit leisten."

Nach dem 1935 von den Nazis formulierten Rechtsberatungsgesetz durften neben Anwälten nur solche Personen fremde Rechtsangelegenheiten besorgen, denen eine behördliche Erlaubnis erteilt ist. Im Juli 2008 wurde das Rechtsberatungsgesetz vom Rechtsdienstleistungsgesetz abgelöst.

"Was meinen Sie, wie viele Menschen bei mir anfragen, weil sie nichts mehr zu essen haben." Brigitte Marks