Wentorf. Mit knapper Mehrheit hatten Wentorfs Gemeindevertreter Ende April die bis dato gültige Straßenbaubeitragssatzung gekippt. Der Gemeinde droht jetzt eine schlaglochreiche Zeit, denn ohne eine Satzung ist die Verwaltung blockiert, die Straßensanierung liegt auf Eis.

Bürgermeister Matthias Heidelberg hat inzwischen Widerspruch gegen die Aufhebung eingelegt und wohl auch einigen Politikern Angst eingejagt. Von ihm zitierte Urteile haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Gemeindevertreter fürchten, in Regress genommen zu werden, weil sie der Kommune mit ihrer Entscheidung finanziell schaden könnten. Die Riege derjenigen bröckelt, die sich bisher dafür ausgesprochen haben, Risse in den Straßen künftig zu 100 Prozent aus Steuergeldern zu kitten, statt Anlieger mit hohen Beiträgen bis zu 75 Prozent an den Kosten zu beteiligen. Und jetzt wird zurückgerudert: Mit den Stimmen von CDU, FDP und UWW könnte es im Liegenschaftsausschuss am 26. Juni doch noch eine Mehrheit für eine Beitragssatzung geben.

"Dafür zeichnet sich ein Kompromiss ab", sagt der Vorsitzende des Liegenschaftsausschusses Harro Vogt (CDU). Für Anliegerstraßen sei eine 50-50-Lösung im Gespräch: eine Finanzierung zu 50 Prozent aus Anliegerbeiträgen und zu 50 Prozent aus Steuermitteln.

Das Modell findet auch in der UWW-Fraktion Zustimmung. Bisher waren drei Mitglieder für eine steuerfinanzierte Variante, zwei dagegen und einer schwankend, sagt Hans-Joachim Hass (UWW). Er selbst war bisher dafür, mit Steuermitteln Anwohner zu entlasten. "Aber es hilft nichts, politisch gegen die Wand zu laufen", zeigt er sich kompromissbereit. Die 50-50-Lösung wäre ein gravierender Schritt zur finanziellen Entlastung der Anlieger, den es in den Nachbargemeinden nicht gibt."

Der politische Zickzackkurs stößt bei Befürwortern des steuerfinanzierten Modells auf Kritik. Statt Kompromissbereitschaft ist bei den Grünen von "Umfallen" die Rede. "Wochenlang sah es so aus, als hätten die Gegner von Straßenbaubeiträgen in der Gemeindevertretung eine hauchdünne Mehrheit oder wenigstens ein Patt gegen eine neue Satzung. Grüne, SPD und eine Mehrheit innerhalb der UWW waren sich scheinbar einig", sagt Holger Bartsch (Grüne). "Noch auf der Einwohnerversammlung am 22. April präsentierte sich Hass als mutiger Kämpfer für die Steuerfinanzierung, der auch persönliche Risiken in Kauf nimmt. Nur wenige Tage später vollzog er im Liegenschaftsausschusses die Kehrtwende: das Angebot an die CDU, gemeinsam an einer neuen Satzung zu arbeiten", kritisiert er das Verhalten des Ex-Bündnispartners.

Reimer Steenbock von der GeKom GmbH (Gesellschaft für Kommunalberatung), die auch die Gemeinde Wentorf berät, hält es für möglich, dass die Kommunalaufsicht bei einer 50-50-Regelung nicht einschreiten würde, obwohl der Standard-Beitrag für Anlieger in Schleswig-Holstein bei 75 Prozent liegt. "Das Gesetz sagt nur, dass Beiträge erhoben werden müssen", sagt er. Für die untere Grenze, ab der eine Beitragsregelung möglicherweise vereitelt werde, gebe es keine Entscheidungen.