Reinbek. Tim und Marcel Klahn wollen Polizisten werden. Dass sie das Zeug dazu haben, in brenzligen Situationen couragiert zu handeln und anderen Menschen das Leben zu retten, haben die 19-jährigen Zwillinge aus Reinbek schon vor Antritt ihrer Ausbildung bewiesen.

Kurz vor Ostern haben sie einen 56-jährigen Italiener am Bergedorfer Bahnhof vor dem sicheren Tod gerettet. Nächste Woche gibt es für ihr vorbildliches Verhalten und ihre Zivilcourage eine Urkunde und ein großes Dankeschön von der Bundespolizei.

"Es war 13.40 Uhr, wir kamen aus der Schule und wollten mit der Bahn weiter nach Hause, nach Aumühle fahren", erinnert sich Tim an den 8. April. Um die ersten schönen Sonnenstrahlen des Jahres abzubekommen, ging er zur Bahnsteigkante, blinzelte in die Sonne. Aus den Augenwinkeln sah er eine Person auf dem Gleis, dachte zunächst, es sei ein Bahnmitarbeiter. "Plötzlich bemerkte ich, dass der Mann flach auf dem Gleis lag, versuchte, sich aufzurichten. Seine Hände zitterten", so der Schüler eines Hamburger Wirtschaftsgymnasiums.

Blitzschnell realisierten die Teenager, dass der Mann in Gefahr war. Schließlich sollte der Zug nach Aumühle zwei Minuten später in den Bahnhof einfahren. Die beiden Brüder, die in ihrem Leben noch nie länger als drei Tage voneinander getrennt waren, verstanden sich ohne Worte. Marcel lief zur Notrufsäule, während sein Bruder aufs Gleis sprang. Ihm war bewusst, dass er sich auf gar keinen Fall der Starkstromleitung neben dem Gleis nähern durfte - Lebensgefahr!

Marcel erinnert sich: "Ich sprach einen Bahnmitarbeiter an, bat um Hilfe. Der guckte nur ungläubig, glaubte mir, einem Jugendlichen, wohl nicht, dass ein Mann auf den Gleisen liegt." Dann endlich reagiert der Angestellte, lässt den Strom abstellen - der nächste Zug kann nicht mehr einfahren. Gemeinsam hieven die Zwillinge den hilflosen Mann vom Gleis auf den Bahnsteig, stützen ihn, bis der Notarzt kommt. "Von der Schulter bis zum Handgelenk hatte der Mann eine blutige Jacke. Er jammerte, hatte wohl Schmerzen. Aber darauf konnten wir erst keine Rücksicht nehmen, er musste runter vom Gleis", sagt Tim.

Bescheiden spielen er und sein Bruder ihre Tat herunter. Sei doch selbstverständlich gewesen, dass man helfe, sagen sie. Viele andere auf dem Bahnsteig schauten allerdings nur zu. Das zeigt auch das Überwachungsvideo, das die Bundespolizei auswertete, um festzustellen, ob der Mann von allein aufs Gleis fiel oder geschubst worden war. Reiner Urban, Bürgernaher Beamter der Bundespolizei, ist sichtlich beeindruckt. "Die Jungs haben vorbildlich gehandelt. Besser geht es nicht." Er freut sich darüber, dass die beiden Zivilcourage gezeigt haben, trifft sich nächste Woche mit den beiden Krabbenkampern. Ein Gespräch unter Kollegen sozusagen. Denn die beiden Schüler, die in ihrer Freizeit gern Fußball spielen und Wasserski fahren, haben ihren Ausbildungsplatz bei der Hamburger Polizei schon sicher. Familientradition: Ihr Vater ist ebenfalls Polizist, schon der Großvater sorgte auf Fehmarn für Sicherheit und Ordnung. Tim und Marcel liegt die Courage im Blut.