Wentorf (st). Die Bürgerinformationsversammlung am Mittwochabend war fest in der Hand der Wohneigentümer und der Initiative für faire Straßenbaubeitragsfinanzierung (IfS). Etwa 100 Interessierte und scheinbar bereits gut Informierte waren in die Realschule gekommen.

Dabei sollte der Bürgervorsteher hier doch eigentlich Auskunft über eine möglicherweise wegweisende Streitfrage geben.

Zwei Positionen stehen sich gegenüber: Die IfS, auf dem Podium vertreten durch ihren Begründer Dr. Ernst Niemeier, fordert die Aufhebung der Straßenbaubeitragssatzung, weil sie die Beiträge an sich für verfassungswidrig hält. Laut der anderen Seite, während der Diskussion vertreten durch Reimer Steenbock und Marlies Dewenter-Steenbock, die die Gemeinde mit der Gesellschaft für Kommualberatung (GeKom GmbH) rechtlich beraten haben, lässt die Gesetzeslage nichts anderes zu, als die Eigentümer durch Beiträge am Straßenausbau zu beteiligen. Da Bernd Helms erkrankt war, moderierte sein Stellvertreter Günter Hellwig den Abend.

Der emotionsgeladenen Diskussion war deutlich anzumerken, dass das Thema die Einwohner Wentorfs noch immer bewegt. Die Vorwürfe der IfS richteten sich vor allem gegen "die" Verwaltungsrechtler: Sie wären auf dem Irrweg und würden den grundlegenden Unterschied zwischen Straßenerschließung und -ausbau nicht erkennen, führte Niemeier aus. Doch durch erstere würden Eigentümer einen Vorteil erlangen, nämlich die Steigerung des Verkehrswerts von ihrem Besitz, durch den Straßenausbau hingegen nicht. Doch die anliegenden Eigentümer allein würden an den Kosten beteiligt, obwohl die Straße von allen Bürgern genutzt werden könne. "Straßenbaubeiträge dürfen nur erhoben werden, wenn Vorteile konkret zuzuordnen sind", sagte Niemeier. Dies sei ein Verstoß gegen das Grundgesetz. "Deshalb muss der Straßenausbau über Steuern finanziert werden."

Als "Fantasiegebilde" betitelte Steenbock dies: "Die Diskussion, die Sie führen, führen Sie an der falschen Stelle", sagte er. "Die Gemeindevertretung hat keine andere Chance, als nach geltendem Recht zu handeln." Demnach schreiben Kommunalabgabengesetz und Gemeindeordnung nicht ausdrücklich eine Straßenbaubeitragssatzung vor, wohl aber, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, bevor die Gemeinde neue Steuern erheben kann. Über die Streitfrage könne nur das Landesverfassungsgericht oder eine Mehrheit im Landtag entscheiden. Außerdem warnte er die Gemeindevertreter davor, die Satzung aufzuheben: Sie könnten sich strafbar machen, wenn der Gemeinde Einnahmen abhanden kämen.

Davon zeigten sich die Fraktionschefs Wolfgang Warmer (SPD), Gregor Zahnow (Bündnis 90/Die Grünen) und Hans-Joachim Hass (UWW) unbeeindruckt. Unter dem Beifall der Zuhörer kündigten sie an, dass sie sich ihrem Gewissen verpflichtet fühlen. Auch Normengeber könnten irren. Dewenter-Steenbock betonte, eine gerichtliche Entscheidung sei für ganz Schleswig-Holstein wegweisend - und zwar nicht nur für die Beiträge für den Straßenbau, sondern zum Beispiel auch für Abwasser.