Von Louisa Rascher

Glinde.
Wenn Sabrina Luippold am Wochenende ihren finalen Rundgang macht, darf keine Bohrmaschine, kein Pinsel und kein Bauschutt mehr herumliegen. Dann ziehen die ersten drei Bewohner in das neue Senioren-Zentrum der KerVita an der Alten Wache. Wenn die Leiterin sich allerdings jetzt in den Fluren der Einrichtung umsieht, stöhnt sie auf. "Es gibt noch viel zu tun", sagt die 35-Jährige und befreit einen neuen Sessel von seiner Schutzhülle.

Nach einem Jahr Bauzeit ist Glindes zweites Altenheim nahezu fertiggestellt. Die familiengeführte Unternehmensgruppe KerVita schafft mitten im Stadtzentrum auf 5000 Quadratmeter Nutzfläche verteilt auf drei Etagen ein neues Pflegeheim. Es bietet 115 Einzel- und sechs Doppelzimmer. Bei voller Belegung sollen sich 80 Mitarbeiter - Pflegekräfte, Köche, Hausmeister und Verwaltung - um die Bewohner kümmern. Zwar säumen die Flure noch Handwerker samt Werkzeug, doch der erste Eindruck lässt ein Gefühl von Gemütlichkeit aufkommen. Die KerVita setzt auf warmes Dunkelrot an den Wänden und graue Holzfußböden und -möbel. Von kalter Krankenhausatmosphäre keine Spur.

In dem Senioren-Zentrum gibt es einen sogenannten "beschützten Bereich" unter anderem für Demenzkranke, die durch eigene Flure und grün eingezäunte Gartenbereiche nicht Gefahr laufen sollen, sich selbst zu gefährden und wegzulaufen. Sämtliche Wohnungen des Hauses sind mit eigenem Bad mit Dusche, WC und Waschtisch ausgestattet. "Die Zimmer sind recht simpel gestaltet", räumt Luippold ein. "Aber die Ausstattung ist auf dem neuesten Stand, und mit ein paar eigenen Bildern und Andenken können sie sehr gemütlich werden."

Einen Großteil der Investition von 14,5 Millionen Euro spielt KerVita durch den Verkauf der Pflegeappartements ein, die zwischen 127 300 und 185 300 Euro kosten. Viele der Wohnungen sind bereits veräußert. Über 20 Jahre mietet die KerVita das gesamte Gebäude von den Eigentümern an und betreibt es. So ist den Anlegern die Miete garantiert, und sie brauchen sich um ihre Immobilie nicht zu kümmern. Die Anleger haben für sich und ihre Angehörigen zudem ein bevorzugtes Belegungsrecht für alle KerVita-Pflegeeinrichtungen.

Gegenüber dem Alten- und Pflegeheim auf dem südlichen Teil des Grundstücks befindet sich das Haus Glinn - ein dreistöckiger Gebäudekomplex - ebenfalls in der finalen Bauphase. Dort realisiert die Baufirma Senectus in Kooperation mit KerVita 37 seniorentaugliche Eigentumswohnungen mit je einer Fläche zwischen 60 und 112 Quadratmetern. "Wir bieten einen ambulanten Pflegedienst an, den auch die Bewohner aus dem Haus Glinn in Anspruch nehmen werden", sagt Luippold. Ihr Team muss künftig also die Verknüpfung zwischen ambulantem Pflegedienst, betreutem Wohnen und stationärer Pflege meistern.

Damit das gut klappt, führt KerVita in Glinde erstmals die Mitarbeitersupervision ein. Hier werden die in Pflegeberufen häufig stark strapazierten Mitarbeiter psychologisch betreut. "Dazu machen wir regelmäßig Mitarbeitertage, um uns besser kennenzulernen - so entstehen viele Kommunikationsprobleme gar nicht erst", ist Luippold überzeugt. Den immer wieder aufkommenden Skandalen von überlasteten und womöglich in der Folge grob fahrlässigen Pflegekräften wolle KerVita mit diesem Konzept entgegenwirken.

Bereits vor der Eröffnung haben sich die ersten 20 Mitarbeiter ein Wochenende lang kennengelernt, Spiele gespielt und Erfahrungen ausgetauscht. "Jetzt freuen wir uns wahnsinnig darauf, loszulegen und zusammenzuarbeiten. Alle sind hoch motiviert", sagt Leiterin Luippold und strahlt über das ganze Gesicht.

Wer sich bei einem Rundgang ein eigenes Bild vom Seniorenzentrum an der Alten Wache machen und das Pflegeteam kennenlernen möchte, ist zur großen Eröffnungsfeier am Donnerstag, 3. September, eingeladen. Die Uhrzeit wird noch bekannt gegeben.