Von Susanne Tamm

Glinde.
Es ist ein Werkzeug, das fast jeder täglich benutzt. Sein materieller Wert bewegt sich im Cent-Bereich und doch hat der Kugelschreiber für Heiko Reimer einen besonderen Reiz: Der 78-Jährige hat mittlerweile 1005 verschiedene Exemplare gesammelt.

"Das ging irgendwann in den 1980er-Jahren los", erzählt der Glinder. Anfang der 60er, Ende der 50er habe er noch Biergläser gesammelt. Außerdem Zollstöcke, Feuerzeuge und Streichhölzer. "Damals arbeitete ich als Bauleiter für Fassadenbekleidung. Im Einkauf und auch bei den Angeboten kam ich ständig mit Menschen anderer Firmen in Kontakt, die mir als Werbegeschenk einen Kugelschreiber überreichten." Einige hatten schon eine ungewöhnliche Form: ein Stift in Form eines Zollstocks oder von Hammer und Nagel. Damit fing alles an.

Heute hat der einstige Stadtverordnete für die SPD, der mit Vorliebe der Stadtverwaltung auf den Zahn fühlte, seine Sammlung fein säuberlich aufgelistet. "Damit habe ich angefangen, als ich 700 Stück zusammen hatte", erzählt er. Alphabetisch sortiert nach dem auf dem Gehäuse aufgedruckten Schriftzug stehen sie in der Tabelle: Von seinen Lieblingen, den AIDA-Schreibern in den Firmenfarben Blau, Grün, Gelb, Rot und Weiß bis Ziegelwerk Thomsen. Sogar einer mit "Y" ist darunter von Yali, einer Baustofffirma.

"Wichtig ist gar nicht, dass sie noch schreiben, sondern, dass ihr Schriftzug noch lesbar ist", erklärt der leidenschaftliche Sammler und hält einen schwarzen Kuli der CDU in die Höhe: "Black is beautiful" ist darauf zu lesen. "Ist doch witzig, oder?", fragt der passionierte Sozi. In seiner Sammlung ist ihm die politische Etikette schnurz: Er hält die Kugelschreiber des Landtagsabgeordneten Joachim Wagner und des Bundestagsabgeordneten Norbert Brackmann (beide CDU) ebenso in Ehren wie den von Altkanzler Helmut Schmidt. Ob die Linke, CDU oder seine SPD: "Da bin ich nicht wählerisch", stellt er fest.

Farbe, Form und Material der Sammlerobjekte haben für ihn ebenfalls ihren Reiz. Ob knallige Farben, integrierte Lampen, Stifte aus Pappe oder Holz oder in Form einer Schublehre: Die Vielfalt ist grenzenlos. Für die Stifte von der AIDA hat er richtig gekämpft: Gleich zur Beginn der Reise hat er an der Rezeption nach dem kompletten Satz gefragt. Zuhause war der plötzlich verschwunden. "Ich war so enttäuscht", gibt er zu. Ein paar Jahre später fand er sie dann wohl verpackt in einem Rucksack wieder.

Viele Exemplare sind Reise-Souvenirs. "Das war ein sehr schönes Hotel in Südafrika", sagt er und wedelt mit einem Stift des Mount Nelson Hotels herum. Sein Ziel war es eigentlich, bis zu 1000 Exemplare zu sammeln, er peilt jetzt 1250 an. Mittlerweile hat er noch etwa 500 Stifte doppelt, die er gern zum Tauschen verwendet.

"Bei Ärzten und Restaurants habe ich auch immer welche abgestaubt. Früher habe ich sie mitgehen lassen, mittlerweile frage ich. Dann braucht meine Ilse sich nicht mehr verschämt wegdrehen." Ihr zuliebe verstaut er seine Sammlung auch in drei Weinkartons. "Wenn ich damit noch die Wände tapeziert hätte, hätte sie mich bestimmt hinausgeschmissen", vermutet Heiko Reimer.

Viele wissen, dass sie ihm mit einem schlichten Kugelschreiber eine Freude machen können. Über den Schreiber der Dresdner Frauenkirche habe er sich "echt gefreut" . "Meine zehnjährige Enkelin verzichtet sogar auf Süßes, damit ihr Opa einen Kuli bekommt", sagt Heiko Reimer bewegt.