Von Denise Ariaane Funke

Glinde.
Raus aus dem "normalen" Leben - rein in die Zirkuswelt. Das war für den Glinder Jan Rohde (21) bereits als Kind der größte Traum. Heute ist er Wirklichkeit geworden.

Gepackt hat ihn das Zirkusfieber schon als kleiner Junge. "Ich war acht oder neun Jahre alt, als der Zirkus Frank bei uns sein Zelt aufschlug. Ich saß mit ganz großen Augen im Publikum. Mich hat einfach alles fasziniert, die bunten Kostüme, die atemberaubende Akrobatik, der Geruch in der Manege und die Musik", erinnert sich der Glinder. Nach der Vorstellung nahm der Steppke seinen ganzen Mut zusammen und fragte die Zirkusfamilie Frank, ob er kleine Arbeiten erledigen dürfte. Von da an verbrachte er nach der Schule fast jede freie Minute im Zirkus. Fegte das Zelt, half, die Ziegen und Ponys zu füttern und freundete sich mit dem nur einen Jahr älteren Zirkusjungen Joschi Frank an. "Ich habe damals die ersten kleinen Kunststücke gelernt."

Die große Leidenschaft für das Zirkusleben ließ ihn nicht mehr los. In den folgenden Jahren war er oft schon lange, bevor der Zirkus Frank sein buntes Zelt aufschlug, auf dem Platz in Glinde und die Zirkusleute wurden seine zweite Familie. Als 15-Jähriger begleitete er sie an den Wochenenden oder in den Ferien im eigenen Wohnwagen und stand mit den ersten kleinen Jongliernummern in der Manege. "Der Applaus ist das Salz in der Suppe für einen Artisten, er spornt ihn an, Kunststücke oder Akrobatiknummern weiter auszubauen", sagt der 21-Jährige.

Neben der Lehre zum Bürokaufmann belegte er Akrobatikkurse, feilte an waghalsigen Kunststücken am Schwungseil in sieben Meter Höhe und entschied sich schließlich ganz für das fahrende Volk. "Das Leben im Zirkus ist vollkommen anders als das Leben eines Angestellten. Kein Tag ist wie der andere. Wir sind immer in einer anderen Stadt. Lediglich der Ablauf am frühen Morgen ist der gleiche. Wir versorgen als erstes die Tiere und erst dann frühstücken wir gemeinsam", erzählt er begeistert. In der spielfreien Zeit im Winter studiert die Zirkusfamilie neue Kunststücke ein und überholt Wohnwagen und Zelt. Gearbeitet wird dann auf Weihnachtsmärkten oder -feiern.

"Arbeit fällt in einem Zirkus reichlich an, manchmal sind wir bis drei Uhr morgens auf den Beinen. Zurzeit bilde ich etwa zehn Stunden in der Woche ein Pony aus. 'Glücksbringer' ist ein sehr gelehriges Tier und die Arbeit macht viel Freude", sagt Rohde, der schon als kleiner Junge ein Pferdenarr war. "Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, aus dem Wohnwagen zu kommen und die Pferde auf der Koppel zu sehen", schwärmt er. Auch wenn seine eigenen vier Wände - ein Wohnwagen mit 14 Quadratmetern - mehr als übersichtlich sind, fehlt ihm nichts. Sein Reich ist gemütlich eingerichtet, das Bett mit der bunten Bettwäsche akkurat gemacht. Gerahmte Fotos sind aufgestellt und es gibt eine Musik- und Fernsehanlage. "Ich vermisse hier nichts, es wäre für mich eher schwierig, wieder in einem Haus oder in einer Wohnung zu leben."

Bis zum 28. Juni gastiert der Zirkus Frank noch neben dem Akzent Classic Hotel (Am Sportplatz) in Glinde. Dort ist Jan Rohde in den Vorstellungen donnerstags, freitags und sonnabends um 16.30 sowie sonntags um 11 und 14 Uhr zu erleben.