Glinde
(mos).
Die Kreisstraße 80 ist nicht nur die Hauptverbindung von Hamburg-Bergedorf zur Auffahrt der A1, die Wälder und Wiesen ringsum sind auch Lebensraum vieler Wildtiere. So mancher Hase oder Fuchs, aber auch Ratten und Mäuse, die sich über die Schnellstraße trauen, fallen rasenden Autos zum Opfer - eine köstliche Mahlzeit für hier nistende Greifvögel. Deshalb sieht man morgens und auch nachmittags oft Bussarde über der K 80 kreisen: "Sie ist wie ein gedeckter Tisch für sie", erklärt Glindes Jagdbeauftrager Siegmund Meyer, der sich seit 18 Jahren um Glindes Wildtiere kümmert. Dort, wo viele Krähen in der Nähe sind und nisten, sind die Greifvögel mit dem kurzen, abgerundeten Schwanz indes kaum zu finden, die man an ihren ruhigen Kreisen aber auch am Rüttelflug erkennt, wenn sie in der Luft auf der Stelle zu stehen scheinen. "Krähen hassen Bussarde und vertreiben sie", weiß Meyer.

Mit ihm bin ich im Spitzwald an der K 80 unterwegs. Der Jäger wird benachrichtigt, wenn totes Wild an der Straße liegt, wie vergangene Woche ein Fuchs an der K 80. Meyer kümmert sich um die Entsorgung. Der Kadaver war allerdings schon verschwunden. "Den hat bestimmt ein Seeadler geholt. Sie ziehen hier durch, nisten an der Küste und sind groß genug, um sich einen Fuchs zu holen."

Er erzählt: "Vor neun Jahren hab ich regelmäßig tote Rehe von der Straße geholt. Das Rot- oder Dammwild war meist von frei laufenden Hunden erschreckt worden." Das habe sich gebessert. Vom 1. April bis zum 15. Juli gilt in den meisten Bundesländern wegen der Brut- und Setzzeit vieler Wildtiere grundsätzlich Leinenpflicht für Hunde. Viele Singvögel brüten am Boden, auch Junghasen und Rehkitze, die tagsüber von ihren Müttern "abgelegt" und allein gelassen werden, sind gefährdet.

Abiturientin Frederike Wiese, unterwegs mit der kleinen Mischlingshündin der Nachbarn, weiß das nicht. Sie lässt Mia frei laufen. "Die tut nichts", sagt sie, als Siegmund Meyer sie anspricht. "Ja, das sagen alle Hundehalter. Aber der Jagdtrieb der Tiere kommt immer durch. Deshalb ist das verboten. Vor zwei Jahren wurde hier ein Reh von einem Schäferhund gerissen", entgegnet er. Spaziergängerin Karin Bomberka hat ihren Mischling Rocky fest an der Leine, sein kleiner Kumpel "Kunta" läuft frei. "Kunta ist ein Frechdachs, jagt aber nicht. Rockys Jagdtrieb dagegen ist ausgeprägt, da passe ich auf", sagt sein Frauchen.

Wir sind auf der Spitzwaldbrücke über der K 80 angekommen, ein Eichelhäher fliegt vorbei, dann eine Krähe. Siegmund Meyer greift zum Feldstecher, sucht am Himmel nach Greifvögeln. "Da kreisen Störche", ruft er. Tatsächlich, gleich vier kreisen weit oben, über uns. "Die haben hier irgendwo ihr Gelege und brüten", sagt er. "Im Juni ziehen die Jungstörche schon davon. Durch die Kiesgrubenteiche haben wir auch viele Kraniche und am Mühlenteich brüten Grau-, Kanada-, Brand- und Nilgänse", erzählt der Jäger.

Zum Schluss fahren wir zum "Golf Gut Glinde". Für die Teiche hat der gelernte Zimmerer acht Nistkästen gebaut, die auf Pfählen im Wasser stehen. "Unten habe ich sie mit Stahl verschalt, damit Ratten da nicht hineinklettern können." Dann zeigt er auf ein großes Rohr im Graben parallel zum Fahrweg. "Das ist das alte, zusammengebrochene Endrohr aus dem Lohbrügger Graben. Da hat jetzt eine Fuchs-Fähe ihre Jungen drin."