Von Harry Grunwald

Havighorst.
Seit 7. November 2014 verhandelt das Landgericht Lübeck gegen Amir M. (46) wegen Mordes. Der Angeklagte hat die Tat am ersten Prozesstag bestritten und sich seitdem nicht mehr zum Vorwurf geäußert. Auch der gestrige Verhandlungstag brachte das Gericht in dem schwierigen Indizienprozess kaum weiter, dagegen konnten die beiden Verteidiger wichtige Punkte für ihren Mandanten sammeln. "Wir hoffen auf einen Freispruch und glauben, dass wir auf einem guten Weg sind", sagte Rechtsanwalt Stefan Tripmaker gestern.

Amir M. soll seinen afghanischen Landsmann Massoud A. (29) in der Nacht zum 5. März 2014 in der Havighorster Feldmark mit vier Pistolenschüssen getötet haben. Die Leiche des Nachtportiers und Familienvaters wurde am Morgen danach von Spaziergängern entdeckt. Amir M. wurde zehn Tage später festgenommen. Die Lübecker Mordkommission stützt ihren Verdacht auf die Auswertung von Handy-Daten. Aus ihnen soll hervorgehen, dass die beiden sich in der Mordnacht am Reinbeker Redder nahe dem Tatort getroffen hatten.

Sonst aber sind die Indizien gegen den Angeklagten dürftig. Es gibt weder DNA-Spuren noch Fingerabdrücke, noch wurde die Tatwaffe gefunden. Auch beim möglichen Motiv tappt das Gericht im Dunkeln. In der Untersuchungshaft soll Amir M. einem Mitgefangenen die Tat gestanden haben. Doch dieser Zeuge verwickelte sich vor Gericht in haarsträubende Widersprüche. Auch das Geständnis gegenüber einem weiteren Zeugen ist wackelig: Gestern wurde ein Urteil des Landgerichts Krefeld verlesen, das diesen Zeugen 2006 wegen schweren gemeinschaftlichen Raubes zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt hatte. "Das erschüttert die Glaubwürdigkeit erheblich", so Tripmaker.

Die U-Haft hat bei Amir M. deutliche Spuren hinterlassen. Die Urteilsverkündung wurde bereits zweimal verschoben. Aktueller Termin: 1. Juni.